Gedanken zur Zeit

6. Juli 2022

Die älteren unter Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, erinnern sich vielleicht noch daran, was in den 50er Jahren oder kurz danach mit dem – Mädchen taten so etwas nicht – geschah, der den Schulhof verdreckte. Wenn ich mein Butterbrotpapier auf den Pausenhof warf und der Aufsicht führende Lehrer mich erwischte, musste ich den ganzen Schulhof reinigen. Im Wiederholungsfall hatte ich die gesamte Woche Hofdienst. In den Fenstern hingen die Mitschüler und johlten vor Schadenfreude. Da ich zwangsläufig oft zu spät zum Unterricht erschien, wurde ich im Klassenbuch eingetragen. Ab einer bestimmten Menge an Eintragungen ging ein „Blauer Brief“ an die Eltern. Die ergriffen dann Strafmaßnahmen von Tadel über Taschgeldsperre bis zum Hausarrest. Diese Sanktionskaskade hat sich mir nicht nur bis heute eingeprägt, sondern einen Widerwillen gegen Abfall in der Umwelt erzeugt. Der Unwille ist in mir aufgetreten und sicherlich auch bei Ihnen, geneigte Leserinnen und Leser, lange bevor es eine grüne Partei gab und mit ihr Umweltschutz zur Staatsräson wurde.

Eigentlich sollte man heute durch die Straßen, den Wald und die Wiesen gehen, ohne über Plastikmüll, Flaschen, Essensbehälter, Pizzaverpackungen usw. zu stolpern. Als besondere Gabe der Umweltferkel kommen jetzt noch Coronamasken hinzu.

Für mich gibt es zwei gegenläufige Trends. Der Umweltgedanke zur Rettung der Welt ist eines der Leitmotive in Politik und Gesellschaft; in unserem kleinen Umfeld vermüllt dagegen die Umwelt immer mehr. Diese Widersprüchlichkeit kann ich mir nur schwer erklären. Gut, es ist bekannt, dass viele Weltverbesserer, die alle Menschen lieben, ihr persönliches Umfeld verwildern lassen. Aber ich bezweifele, dass dies auf Umweltschützer und Umweltschutz ohne weiteres übertragbar ist. Sicherlich gilt, dass Straßenmüll auch zunimmt, weil Menschen, die normalerweise ihren Abfall mit nach Haus nehmen, Hemmungen verlieren, wenn ein Platz bereits verschmutzt ist. Sie sagen sich: „Bei so viel Müll brauche ich mein dreckiges Papiertaschentuch nicht mit nach Hause zu nehmen.“ Letztendlich kann ich mir die Zunahme des Abfalls dort, wo es früher sauber war, nicht richtig erklären.

Wer diese Zeilen über Vermüllung für übertrieben hält, möge bitte einen Spaziergang durch einige Straßen Sögels unternehmen. Dabei vermittelt sich der Eindruck, dass etliche Menschen das Schwein in Sögels Wappen als Aufforderung verstehen, sich wie ein solches zu benehmen. – Sögel soll summen und ein Ort mit fairem Handel sein. Warum kann aus diesem guten Duo nicht ein Trio werden, indem sauberes Sögel hinzutritt? Das wäre eine Aufgabe für Bürgerinnen und Bürger, für Vereine, Schulen, Kirchen und insbesondere die politische Gemeinde. Es gibt viele Möglichkeiten, um ein sauberes Sögel zu erreichen: Aufklärung, Müllsammelaktionen, Propaganda wie für „Sögel summt“ geschehen und Aktivierung von einzelnen sowie Vereinen, Unterstützung von der Gemeinde, einzelne oder Institutionen adoptieren, eine Straße oder einen Abschnitt wie in den USA. Das sind nur einige Beispiele. Sollten Straßen, Wiesen und Wälder sauber sein, dürfte auch der eine oder andere potentielle Umweltsünder Scheu entwickeln, seinen Abfall dort zu hinterlassen.

Text: UM

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