Kenia – mehr als tropisches Badevergnügen      Teil 2

12. Juni 2022

Es lohnt sich auf jeden Fall, weitere Seen Kenias zu besuchen. Die meisten liegen wie der Turkana im Ostafrikanischen Grabenbruch. Der Victoria See wird von zwei Armen des Grabens umschlossen. Jener hat ungefähr die Größe Bayerns und ist der drittgrößte See sowie zweitgrößte Süßwassersee der Erde. Viele Seen im Bruch sind Natronseen. Ihr Wasser kann man nicht trinken. Es nährt aber riesige Mengen an Algen und anderen Kleinstlebewesen. Von ihnen leben Flamingos. Im Lake Bogoria versammeln sich immer wieder bis zu 1,5 Millionen rosa Zwergflamingos. Ihre noch nicht rosa durchgefärbten Jungtiere trifft man fast immer zu Zehn- bis Hunderttausenden an. Auch in weiteren Seen, wie Elementaita, Naivasha und Nakuru, findet man große Schwärme an Flamingos und anderen Wasservögeln. An ihren Ufern tummeln sich viele Tiere. Vor allem Naivasha NP und Nakuru NP bieten auf relativ kleiner Fläche eine große Wildfülle. Büffel, Zebras, Wasserböcke, Giraffen, Antilopen, Nashörner, Löwen, Paviane zeigen sich jedem Besucher.

Besonders intensive Wilderlebnisse bieten die Nationalparks, die an Tansania angrenzen. Da sind der Tsavo West und sein Nachbar Tsavo Ost zu nennen. Beide sind groß und einsam. Ihre wilde Landschaft wurde vulkanisch geformt. Schwarzer Boden dominiert. Nach Verwitterung ist er fruchtbar, so dass viele Pflanzen wachsen. Sie sind die Grundlage für Tierreichtum. Der Besucher kann ihn genießen, ohne auf Menschen zu treffen. Giraffen staksen über den holperigen Boden, Elefantenherden blockieren den Weg, Leoparden beäugen den Betrachter ebenso neugierig wie dieser die gefleckten Katzen. Gnus, Oryxe, die bis zu 1 t schweren Elenantilopen, Impalas stören sich nicht am Beobachter. Viele Arten von Geiern und Raubvögeln in allen Größen schauen auf den Bäumen nach Aas oder Beute aus. In den Seen grunzen Flusspferde. Krokodile lassen sich treiben. Gelegentlich kämpfen Giraffenbullen. Es wirkt wie in Zeitlupe. Dennoch haben die Kopfschläge die Wucht eines Vorschlaghammers. Ansonsten bleiben Giraffen friedlich, wie der Verfasser noch gegen Ende seiner letzten Keniatour im Herbst 2021 feststellen konnte.

In dreistündiger Fahrt durch Wildnis erreicht man den Amboseli NP. Er ist teils trocken, teils sumpfig, teils bewaldet. Der Sumpf wird mit Wasser vom Kilimandscharo gespeist. Dieser höchste Berg Afrikas liegt in Tansania und kann vom Amboseli Park aus gut gesehen werden. Als der Unterzeichner in den 1970er Jahren den Berg zum ersten Mal erblickte, bedeckten Schnee und Eis das obere Viertel. Die Pracht ist jetzt zusammengeschmolzen auf einige kleine Flächen. Dennoch wartet jeder Fotograf darauf, eine Elefantenherde im Amboseli mit dem Kilimandscharo im Hintergrund aufzunehmen. Auf Elefanten wartet man nicht lange, da der Amboseli riesige Mengen von ihnen beherbergt. Kilimandscharo ohne Dunst ist schwieriger. Die Elefanten im Park verhalten sich unglaublich friedlich, fast zutraulich. Man kann wenige Meter entfernt von Herden mit Jungen stehen oder sich im Wagen von ihnen umringen lassen, sofern man ihnen immer die „Vorfahrt“ lässt. Der Park bietet wegen seines Nässereservoirs viele andere Tiere: Giraffen, Zebras, Gnus, Büffel, Löwen, Hyänen, Geparde, Thomson- und Grantgazellen, nichts fehlt. Es gibt sogar wie in Tsavo West und dem Mt. Meru Gebiet schwarze Servale, üblicherweise gefleckte gelbe Katzen von Luchsgröße. (Allerdings hat der Unterzeichner sich die Augen beinahe aus dem Kopf geschaut, ohne die Schwarzen zu erblicken. Vielleicht beim nächsten Mal!)

Höhepunkt für jeden Tierbeobachter ist der Masai Mara NP. Er ist die Fortsetzung der Serengeti. In Frühjahr und Herbst bietet er spektakuläre Schauspiele. Ca. 1,5 Millionen Gnus, Zebras und andere Antilopen queren den Mara Fluss zunächst aus der trockenen Serengeti in die dann feuchtere Masai Mara und im Herbst, wenn die Mara trockener wird, in die nun feuchtere Serengeti. Wer dieses Schauspiel unendlicher Tiertrecks nicht erleben durfte, hat einen der Höhepunkte einer Keniareise verpasst. Wegen des Beutereichtums verfügt die Mara über eine erhebliche Dichte an Geparden, Leoparden, Hyänen und vor allem Löwen. Man stolpert fast über sie. Auch wenn die großen Herden die Mara verlassen haben, bleibt noch ein erheblicher Reichtum an nicht wandernden Tieren. Elefantenherden, Giraffen, Warzenschweine, alle Raubtiere, Büffel und mittlerweile, da, wie der Verfasser unangenehm deutlich feststellen konnte, die Mara feuchter wird, geschätzte 200 000 Gnus.

Das Ende einer Keniareise außerhalb der Küste ist in der Regel Nairobi. Auch diese Metropole Ostafrikas hat viel zu bieten. Will man noch mehr wilde Tiere besuchen, findet sich der Nairobi NP. Er grenzt direkt an die Stadt. Außer Elefanten beheimatet er die meisten Großtiere Afrikas. Mit etwas Glück erblickt man im Vordergrund einen mächtigen Löwen, im Hintergrund die Kulisse Nairobis. In der Stadt ist das Nationalmuseum hochinteressant. Es enthält u. a. seltene Fundstücke aus der Ausgrabungsstätte Koobi Fora. Am Rande Nairobis lohnt das Farmgebäude von Karen Blixen, der Autorin des Buchs „Jenseits von Afrika“. Dort wurden auch Teile des gleichnamigen Films gedreht. Dann sollte man Sheldrick Elefantenwaisenhaus nicht auslassen. Hier werden kleine Elefanten, die ihre Mütter verloren haben, aufgezogen und später in einem der beiden Tsavo Parks in Freiheit entlassen. Den absoluten Höhepunkt zum Reiseende stellt Giraffe Manor dar. Das zum Hotel umfunktionierte alte englische Herrenhaus liegt direkt gegenüber einer Aufzuchtstation für Rothschildgiraffen. Die Langhälse haben sich an Menschen gewöhnt und kommen jeden Nachmittag zum Herrenhaus, um sich von Hotelgästen mit der Hand füttern zu lassen. Die Giraffen kauen ihr Spezialfutter, die Gäste kauen auf der Terrasse Kuchen zum Tee. Am Morgen wird’s noch ungewöhnlicher. Die Giraffen recken ihre Köpfe durch jedes offene Fenster über die Schultern der Gäste, um ganz friedlich und manierlich mit ihnen zu frühstücken.

Text/Foto: UM

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