Kenia – mehr als tropisches Badevergnügen – Teil 1

7. März 2022

Kenia abseits der Strände hat unglaublich viel zu bieten. Das fängt im Norden an mit dem Turkana See. Sein Nordufer liegt in Äthiopien. Dort wird der See vom Fluss Omo gespeist. Die Flussufer sind ein Mekka für Paläontologen und Anthropologen, also Menschen, die sich mit steinzeitlichen und noch älteren Funden befassen. Das setzt sich am nordöstlichen Rand des Turkanasees fort. Im dortigen Nationalpark und Forschungsgebiet Koobi Fora wurden Fossilien von Frühmenschen und noch älteren Vormenschen gefunden. Die Region ist früher feucht und grün gewesen. Heute umgeben den See weiträumig Wüste und Halbwüste. Dadurch haben sich viele Knochen gut erhalten.

Der See ist eines der krokodilreichsten Gewässer Kenias. Auf Inseln brütet die Sonne Krokodileier aus. Man sollte den Gelegen nicht zu nahekommen, da sie von den Müttern bewacht werden. Und Krokodile springen nicht nur aus dem Wasser unvermutet hoch, sie verfügen auch über einen blitzschnellen Antritt. –

Um den See herum leben verschiedene Stämme. Der größte ist der Turkana. Er betreibt Zucht von Ziegen, Schafen und Kamelen, die alle mit der dürftigen Vegetation zurechtkommen, aber die kahle Landschaft noch kahler fressen. Die Turkana leben in Gehöften aus kugelförmigen Strohhütten wie vor Jahrhunderten. Am Rande des Sees fristen Fischer ihr Auskommen. Fährt man mit ihnen auf ihren wackeligen Booten hinaus, entdeckt man große Kolonien von Flamingos, Löfflern, Pelikanen und anderen Wasservögeln. Einige Fischer scheinen immun gegen Krokodile zu sein, denn sie stehen bis zur Hüfte im Wasser, um ihre Netze zu spannen.

Weiter im Süden des Landes bleibt es trocken, aber nicht mehr so wüstenhaft wie am Turkana. Erzählt man den Einheimischen in der Mitte Kenias oder im Süden, dass man den Turkana See besucht hat, wird man für wagemutig gehalten, weil man in diese abgelegene Ödnis gereist ist. Die Mitte des Landes ist ebenfalls abgelegen. Hier beginnt aber der Reigen tierreicher Nationalparks. In ihnen lässt sich das Wild vom offenen Geländewagen aus gut beobachten, da es wenig Scheu vor Menschen hat.

Auf der ohnehin tierreichen Laikipia Ebene im Zentrum Kenias liegt im Schatten des Merugebirges der Solio NP. Er wurde zum Schutz von Nashörnern geschaffen, beherbergt mittlerweile aber viel Wild. Löwen, Leoparden, Giraffen, große Büffelherden, Zebras, verschiedene Antilopenarten haben sich angesiedelt. Die Hauptattraktion bilden die Nashörner. Da der Park von gut ausgebildeten Rangern bewacht wird, hat es bisher keine Verluste durch Wilderer gegeben. Fast 40 Nashörner fressen friedlich zwischen anderen Tieren. Spitzmaulnashörner sind schwerer zu finden. Als Laubfresser bleiben sie im dichten Wald. Breitmaulnashörner als Grasfresser lassen sich überall im offenen Gelände blicken. Der begleitende Ranger weiß, wie groß der Sicherheitsabstand zu diesen Kolossen sein muss. Dann kann man sie in aller Ruhe beobachten. Man sollte sich an den Rat des Rangers halten. Die über 2 t gewichtigen Riesen können ohne weiteres einen schweren Geländewagen umwerfen.

Die nächste Region in der Mitte Kenias, das Samburu Gebiet, verfügt über großen Wildbesatz. Der Evaso Fluss führt ganzjährig Wasser. Überall tummeln sich die kaninchengroßen Klippschliefer. Die nächsten Verwandten der Winzlinge sind vermutlich Elefanten und Seelefanten. In Felshöhlen nahe dem Fluss ziehen die seltenen Wildhunde ihre Jungen groß. Wenn die Hitze spätnachmittags nachlässt, kommen die Erwachsenen heraus zum Spielen neben dem Wagen. Dann verabreden sie sich offenkundig zur Jagd und trotten ins Gebüsch. Ihnen in dem unwegsamen Gelände zu folgen, ist unmöglich. Der Samburu NP bietet hohen Wildbestand in der Nähe des Evaso. Netzgiraffen, Grevey Zebras mit den schmalen Streifen, Impalas, die kleinste Antilope Dik Dik, Warzenschweine, Elen und Oryx Antilopen kreuzen ständig den Weg. Ehe man sich’s versieht, umringt eine Elefanenherde mit Jungen den Wagen und frisst sich gemächlich durchs trockene Gebüsch. Es bewahrheitet sich die Regel: Ein fressender Elefant ist ein zufriedener Elefant.

Ein weiteres Wildschutzgebiet in Zentralkenia ist der Meru NP. Da er genug Wasser hat, findet man Krokodile und Flusspferde. Hier wurde die Löwin Elsa frei gelassen. Wer vor Jahren den Film „Frei geboren“ gesehen hat, erinnert sich, dass die Löwin Elsa von Joy Adamson von Hand aufgezogen wurde und ein besonders enges Verhältnis zu Joy hatte. Elsa verhielt sich vollkommen friedlich gegenüber Menschen. Viele hielten das für ein Filmmärchen. Die Geschichte ist wahr. Elsa wurde im Meru Gebiet ausgewildert und hat sich dort fortgepflanzt. – Der NP bietet den gesamten Reichtum Kenias an Wild. Elefanten, Leoparden, Gnus, Oryxe, einige Nashörner, Büffelherden, Netzgiraffen, Grevey Zebras und Gerenuks (Giraffengazellen). Sie kommen nur in der Mitte und im Norden des Landes vor. Mit ihren überlangen Hälsen, den großen Ohren und dem eigenartigen Gesicht könnten sie einem Zeichentrickfilm Walt Disney’s entsprungen sein. (Evtl. gibt es im Zeichtrickgewerbe auch so etwas wie Bionik und nicht nur in der Technik, so dass auch die Zeichner sich bei der Natur bedienen.) Neben den üblichen Löwen, bei denen die Männchen eine imposante Mähne tragen, gibt es im Meru NP wohl auch kahlköpfige Löwen. Die beiden Tsavo Parks sind hierfür bekannt. Die „glatzköpfigen“ Löwen verfügen über große Stärke und erhebliche Aggressivität. Sie sollen einen hohen Pegel an dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron besitzen. Der Unterzeichner beobachtete einen solchen Löwen in Meru, wie er sich an einer jungen Netzgiraffe gütlich tat.

Im kommenden Artikel geht es um die ungeheuer wildreichen Parks des kenianischen Südens. Nairobi wird dann auch nicht vergessen.

Text/Fotos: UM

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