Kirchbau Sögel

18. Juni 2021

Am 21. Juni 2021 jährt sich zum 150. Mal die feierliche Einweihung unserer Jakobuskirche ( Kirchweihfest). Aus diesem Grunde ist sicherlich ein Beitrag über die schwierige Baugeschichte und den Baumeister Johann Bernhard Hensen, einem gebürtigen Sögeler, angebracht.

Der Bau der Pfarrkirche St. Jakobus in Sögel (Auszug aus einer Broschüre unseres verdienten Heimatforschers Heinz Schmees)

Schon sehr früh wurde der Ort Sögel zur Urpfarrei des Hümmlings erklärt und hatte somit eine bescheidene Kirche aufzuweisen. Im Jahre 1482 wurde die sogenannte Wacker Kirche gebaut, die über mehrere Jahrhunderte der Mittelpunkt des Dorfes sein sollte. „Aus Findlingen und Bruchsteinen war sie gefügt, und der gerade, einfache Stil war ein Sinnbild des Charakters unserer Vorfahren und ein Stück Hümmlinger Landschaft“, so wird sie uns von einem Chronisten geschildert. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts hatte auch diese Kirche ausgedient. Das Dach war undicht, und die Gewölbe bekamen Risse, so dass man nur unter Lebensgefahr die Kirche betreten konnte. Nach vielen Verhandlungen und Kostenaufstellungen konnte an den Bau einer neuen Kirche gedacht werden. …

Die jetzige Pfarrkirche

Am 3. Januar 1862 hatte der Kirchenvorstand auf Vorschlag des Rechnungsführers Bernhard Hinrichs beschlossen, den aus Sögel stammenden Dombaumeister Hensen  zu bitten, einen Entwurf samt Kostenvoranschlag für die neue Kirche vorzulegen. Man hatte die Hoffnung, durch Hinzuziehung eines gebürtigen Sögelers keine besonderen Kosten zu bekommen. Es sollte jedoch noch eine geraume Zeit dauern, ehe die Pläne realisiert werden konnten. Denn erst im Jahre 1865 legte Architekt Hensen den zuständigen Herren den Entwurf vor. Natürlich wurde der Plan heftig diskutiert, aber im Allgemeinen angenommen. …

Das Konsistorium schickte den Plan nach eigener Prüfung zunächst einmal an den Bischof Melchers zur Begutachtung.

Zum Glück hatte der Bischof an den Entwürfen seines Dombaumeisters nichts auszusetzen und schickte sie am 10. Juli 1865 zurück mit dem Bemerken: „dass derselbe hinsichtlich der Räumlichkeit und der Anordnung der einzelnen Teile und der architektonischen Schönheit nichts zu Wünschen übrig lässt und uns mithin Freude bereiten wird, wenn die Gemeinde ein so würdiges Gotteshaus bekommt.“

Im Jahre 1867 war es dann soweit. Vordem hatte es noch kleine Änderungen gegeben, die aber immer wieder für Verzögerung sorgten. Am 30.04.1967 schrieb jedoch Pfarrer Altmeppen dem Bischof, dass nach Aussagen des Architekten Hensen nun innerhalb von 14 Tagen mit dem Bau der Kirche begonnen werden sollte. Er bat um die Grundsteinlegung der Kirche. Umgehend erteilte Bischof Melchers die Erlaubnis und beauftragte Pfarrer Altmeppen, den ersten Stein der neuen Kirche zu legen.  …

Die Ausführung des Kirchenbaus ist dem Bauunternehmer Hermann Hensen – einem Bruder des Architekten Johann Bernhard Hensen – übertragen worden. Viele Männer waren beim Kirchbau beschäftigt,  sie setzten sich vorbildlich ein, um ein würdiges Gotteshaus zu erhalten.  …

Die Steine für den Kirchbau kamen zunächst aus Holland, später für den neuen Turm aus Bingum. Es soll hier aber ausdrücklich betont werden, dass allein die Gemeinde Werpeloh für den Kirchbau in Sögel 400.000 Steine gebrannt und geliefert hat. …

Die Bauarbeiten verliefen zügig und der schöne Bau der neugotischen Kirche wuchs mehr und mehr nach oben. Die Handwerker waren stolz, bei diesem Werk mithelfen zu dürfen. Leider ging nicht alles glatt. Am 16.10.1868 verunglückte der unverheiratete Tagelöhner Bernhard Wendeln auf der Baustelle tödlich. Er starb im Alter von 20 Jahren.

Der große Sturm am 28.12.1868

Das größte Unglück aber traf die Gemeinde am 28.12.1868 zwischen Weihnachten und Neujahr. Ein Orkan traf den neuen Kirchturm mit voller Wucht und ließ ihn der Länge nach über die Langschiffgewölbe einstürzen. In einem Chronikbericht, den der spätere Pfarrer Husmann (1907 – 1931 in Sögel) kurz nach dem ersten Weltkrieg verfasste, wird das Ereignis folgendermaßen geschildert:

„Da kam zwischen Weihnachten und Neujahr 1868 ein gewaltiger Sturm, durch den der hohe (etwa 13 Meter höher als der jetzige) schlanke Turm umgeworfen wurde. Durch den stürzenden Turm wurde das Mittelschiffgewölbe durchschlagen. Das Kreuz des Turmes hätte beinahe die damaligen Bewohner des jetzt der Kirche gehörenden sogenannten Wichmannschen Hauses erschlagen. Es schleift im Fallen die Giebelmauer.“ …

Als es sich darum handelte, den Turm zu erneuern, wurden für die Bewilligung der erforderlichen Baugelder Schwierigkeiten gemacht; ja, es sollen in einer Sitzung Stimmen laut geworden sein, zu einem solchen „Turmbau zu Babel“ würden sie zum zweiten Mal keinen Pfennig bewilligen.

Der gute Pfarrer Altmeppen, der sich sonst um den Bau sehr verdient gemacht hatte, soll in Folge des Grams über diese Schwierigkeiten und über die Stimmung in der Gemeinde gegen ihn bald nachher erkrankt sein uns sich nicht mehr erholt haben. Wohl erlebte er noch die Vollendung des Bauwerks, aber nicht mehr die Vollendung der inneren Einrichtung und die Einweihung der Kirche. …

Es war schwer für alle Beteiligten, sich von dem Schock zu erholen, den der Einsturz des Turmes gebracht hatte. Das ganze Jahr 1869 hindurch blieb die Kirche unvollendet liegen. Man betrieb Ursachenforschung, stritt sich mit dem Architekten und stellte Überlegungen an, wie man wieder zu Geld kommen konnte, um die Mehrkosten aufzubringen. …

Die Kirche ausschließlich des Turms wird von Hensen nach dem ursprünglichen Plan und Kostenanschlage gebaut und wenn tunlich bis Ende des laufenden Jahres vollendet. Dagegen bleibt wegen des Wiederaufbaus des zerstörten Turmes der Abschluss eines moderierten Kontraktes vorbehalten, namentlich, da beabsichtigt wird, den Turm 30 bis 40 Fuß niedriger zu bauen. …

Im Jahre 1870 wurde dann wieder zügig an der Kirche gearbeitet. …

Der Tischler Schepers war für die meisten Holzarbeiten zuständig. Das Holz besorgte er aus den Herzoglichen Wäldern von Clemenswerth, ließ es zu Dielen schneiden und transportierte es zur Baustelle.

Der plötzliche Tod von Johann Bernhard Hensen

Dann aber gab es wieder ein Unglück, mit dem niemand gerechnet hatte: Am Anfang des Jahres – am 16.01.1870 starb in Folge eines zum Scharlachfieber hinzugetretenen Gehirnschlages plötzlich der Architekt Johann Bernhard Hensen im Alter von nur 41 Jahren. Er sollte die Vollendung und Einweihung der letzten von ihm geplanten Kirche in seinem Geburtsort Sögel nicht mehr erleben. …

(Mit einem Denkmal, das am 8. September 2002 an der Wahner Straße feierlich unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht wurde, erinnert die Gemeinde Sögel mit Dankbarkeit an den großen Dombaumeister Johann Bernhard Hensen.

Zum 140. Todestag von Johann Bernhard Hensen wurde im Mai 20210 vom Forum Sögel e.V. unter maßgeblicher Mitwirkung von Hermann Wichmann und Heinz Schmees unter dem Thema „Architektur prägt den Geist“ zusammengestellt.

Eine weitere Ausstellung über den Dombaumeister Hensen von Hermann Wichmann ist in Planung.)

Die feierliche Einweihung der Jakobuskirche am 21. Juni 1871 (vor 150 Jahren)

In dem Lokal- und Provinzial-Nachrichten vom 24. Juni 1871 heißt es unter anderem: „Wir feierten hier nämlich am 21. Juni ein Doppelfest, die Einweihung unserer neuen Kirche und das Piusfest.

Unser hochwürdiger Bischof wurde am 19. Juni durch den Herrn Amtshauptmann Buß in Lathen im Namen der Gemeinde begrüßt und in Empfang genommen; in Wahn hatten sich die Honoratioren Sögels eingefunden, welche in einer stattlichen Reihe von Wagen ihren Oberhirten nach Sögel geleiteten. Am Eingange wurde hoch derselben von der Geistlichkeit und der Gemeinde begrüßt und in feierlicher Prozession in die Kirche geführt. Überall waren zierliche Ehrenbogen erbaut, das ganze Dorf prangte im herrlichsten Flaggenschmuck. Am Abend brachte der Sögeler Gesangverein dem hochwürdigsten Bischof eine Serenade. Hoch derselbe sprach dem Verein seinen Dank aus und lobte dessen Bestrebungen, denn wo man in Eintracht sänge, da lebte man auch in Eintracht.“   …

Am 21. war dann das eigentliche Doppelfest, morgens Einweihung der neuen Kirche, abends Piusfeier. Vom fernen Ostfriesland, vom benachbarten Emsland, von der Grenze des Hümmlings und vom hohen Hümmling selbst hatten sich liebe Gäste zahlreich zum frohen Feste eingefunden und alle waren mit uns voll großer Freude, die Sögeler Kirche einschließlich des Turmes in wahrhaft überraschender Schönheit vollendet, dastehen zu sehen. …

Bei der Festtafel im Höllingschen Gasthofe am Markt machte es inmitten der üblichen Toaste einen zwar wehmütigen, aber sehr wohltuenden Eindruck, als der Herr Amtshauptmann Buß um eine stille Erinnerung an den verstorbenen Baumeister Hensen und der Herr Smits aus Börger um eine gleiche Erinnerung an den verstorbenen Pastor Altmeppen baten. Derjenige, der den Plan erdacht und derjenige, der den Grundstein geweiht, sie sind nicht mehr, aber ihre Werke leben fort. 

Die Aufgabe der jetzigen und künftigen Generation in Sögel muss es sein, dieses wunderschöne Gotteshaus auch in Zukunft im Sinne von Johann Bernhard Hensen zu erhalten.

Johann Bernhard Hensen schuf in seiner kurzen Schaffensperiode von 1828 – 1870 insgesamt 23 Kirchen und restaurierte u.a. den Osnabrücker Dom. Er baute im Stile seiner Zeit der Neugotik, vorgegeben durch den Kölner Dom. Vielen unserer Leser sind sicherlich bekannt die Kirchen in Wachtum, Werlte, Apeldorn, Spahnharrenstätte, in Meppen die St. Vitus-Kirche und die große Kirche in Lengerich.

Nach dem Tode von Hensen wurden nach seinen Plänen die Kirchen  in Werpeloh, Neurhede und Berßen errichtet.

(Vergleiche Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes Band 49 Seite 250/251)

Text zusammengestellt von Heiner Wellenbrock

Fotos: Uwe Müller

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