Chef der Stasi-Unterlagenbehörde im Klostergarten

1. Oktober 2020

Roland Jahn zu Gast bei „Die Bibel und der Wein“ mit Gitta Connemann und Pater Edmund

Sögel – Petrus meinte es gut. Pünktlich zu Beginn von „Die Bibel und der Wein“ konnten die Regenschirme im Klostergarten Sögel eingeklappt werden – sogar die Sonne wollte zu sehen. So konnten Gastgeber Pater Edmund, die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann und der Chef der Stasi-Unterlagenbehörde Roland Jahn entspannt über Gott und die Welt sprechen. 150 Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren vieles über das Leben in der DDR, Willkür, Widerstand und Freiheit – aber auch über Verzeihung. Roland Jahn ist der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU). Er hatte den Mut zum Widerstand im DDR-Unrechtsstaat, war SED-Gegner und Bürgerrechtler. Pater Edmund zollte dem 67-Jährigen schon zu Beginn der Veranstaltung Respekt, für „alles, was er in seinem Leben bewirkt“ habe. In Jena erlebte Jahn Kindheit und Jugend in der DDR. Er erzählte vom Bau der Berliner Mauer und den Fragen, die er sich als Kind stellte: „Wieso darf man da nicht hin? Wieso schießt man auf Menschen?“ Als der Sänger Wolf Biermann aus der DDR ausgebürgert wurde, war Jahn Student. Er protestierte und stellte Fragen. Daraufhin wurde er exmatrikuliert. Jahn war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt: „Das Schlimmste war, dass meine Kommilitonen über diese Entscheidung abstimmen mussten. Fast alle haben gegen mich gestimmt, weil sie Angst hatten.“ Viele Jahre später entschuldigten sich einige dafür. Jahn gab zu, dass er nicht wisse, wie er selbst in dieser Situation gehandelt hätte. Gleichzeitig machte er deutlich, wie viel ihm die Eingeständnisse bedeutet haben. Er habe in dieser Zeit gelernt, Menschen zu verzeihen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs sprachen Connemann, Pater Edmund und Jahn über Inhaftierung, Anwerbeversuche der Stasi, die Ausbürgerung aus der DDR und die Bedeutung der Stasi-Unterlagen bis heute. Seit 1990 sind mehr als 7,3 Millionen Anträge bei der Behörde eingegangen. Das Interesse ist nach wie vor groß, gerade von Zwangsadoptierten oder den Nachfahren von Verfolgten in der DDR. Alleine im ersten Halbjahr 2020 waren es noch immer 20.743 Anträge. Connemann und Jahn werben aus diesem Grund dafür, die Stasiakten weiter zugänglich zu halten. Beide haben dafür lange gekämpft. Connemann machte deutlich: „Die Stasiakten gehören zum nationalen Gedächtnis. Sie sind das Fundament für die Aufarbeitung der SED-Diktatur. „Aufklärung ist die Grundlage der Demokratie.“ Mittlerweile steht fest: Die Stasiunterlagen werden ins Bundesarchiv überführt. Und es wird einen Opferbeauftragten geben. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt vor. Jahn selbst wird dann seinen Ruhestand genießen. Gitta Connemann dankte ihm für seinen steten Einsatz: „Roland Jahn ist beeindruckend. Als er von seinem Leben erzählte, hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Er ist einer der Wegbereiter der Freiheit. Und damit ist er für mich ein Held.“

Text/Foto: Gitta Connemann (Pressemitteilung)

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