Eine Stunde Ruhe
19. Januar 2020„Kommen die auch wirklich selbst?“ war eine Frage, die dem Kulturkreis Clemenswerth am 30.11.2019 mehrmals gestellt wurde. Mit Timothy Peach, Nicola Tiggeler, Saskia Valencia, Benjamin Kernen, Johannes Lukas, Raphael Grosch und Reinhard Forbes ist die Besetzung der Komödie „Eine Stunde Ruhe“ nicht nur hochkarätig, sondern versprach dazu noch Filmflair auf der Bühne. Die Aula des Hümmling-Gymnasiums war dementsprechend gut gefüllt, und das im Original französische Stück versprach leichte Unterhaltung mit beschwingter Note.
Mit einem
Knall wird die Haustür geschlossen, Michael (Timothy Peach) kann sein Glück
kaum fassen. „Me, Myself and I“- das fast legendär zu nennende Jazz-Album ist
endlich in seinem Besitz. Und, fast noch besser: er hat eine Stunde Zeit, bis
die nächste Verabredung ruft. Jedoch steht sein Wunsch nach ungestörter Ruhe
unter keinem guten Stern. Zunächst ist es Ehefrau Nathalie (Nicola Tiggeler),
die seinen Frieden unterbricht. Der familiäre Zwist mit Sohn Sébastien, die
Beziehung zu Michael und die Vergangenheit lassen sie das Gespräch mit Michael
suchen. Dieser jedoch versteht es, dem Gespräch und sämtlichen Konflikten aus
dem Weg zu gehen. Auch als Sohn Sébastien selbst auftaucht, nutzt Michael jede
Gelegenheit, dem Gespräch zu entfliehen. Zum Glück wird gerade sein
Arbeitszimmer renoviert.
Der Handwerker Leo (Raphael Grosch) kommt wie gerufen, um sich weltmännisch und
tolerant zu geben. Erst als Leo diverse Malheure passieren und ein Wasserschaden
dabei die Wohnung unter Wasser setzt – was den Nachbarn Pavel (Reinhard
Froboess) auf den Plan ruft – wird Michael klar, dass heute einfach nicht sein
Tag ist. Ein erschütterndes Ereignis jagt das nächste, und zahlreiche
krisenhafte Erkenntnisse überstürzen sich geradezu. So entpuppt sich nebenbei
Michaels Ehe als Farce, denn Nathalie und sein bester Freund Pierre (Benjamin
Kernen) hatten eine Affäre, aus der Sohn Sébastien hervorging. Handwerker Leo
gelingt es nicht, das Chaos zu bereinigen, der Boden des Arbeitszimmers stürzt
in Pavels Wohnung und macht diesen obdachlos. Diesem Problem kann Michael
jedoch entgegenwirken, indem er ihn bei sich aufnimmt. Praktisch, dass Nathalie
ihn verlassen hat, als sie von seiner Affäre mit ihrer besten Freundin (Saskia
Valencia) erfahren hat. Die Schallplatte „Me, Myself and I“ überlebt die
chaotischen Ereignisse leider nicht.
Florian Zeller wird seinem Ruf, pointierte Dialoge mit einem untrüglichen Sinn für menschliche Schwächen zu kombinieren und das genaue Abwarten des perfekten Zeitpunktes zu beherrschen, mehr als gerecht. Der feinsinnige französische Humor steht im Gegensatz zu dem immer chaotischer werdenden Bühnenbild, jedoch wirkt das nicht grotesk, sondern spiegelt hervorragend Michaels Zustand wieder. Immer, wenn man glaubt, dass es nicht schlimmer werden kann, legt Zeller noch eine Schippe drauf. Der desaströse Verlauf wird nur noch durch die schauspielerische Leistung der Darsteller überboten. Vor allem Nicola Tiggelen dürfte vielen im Gedächtnis bleiben, die überreizte Französin mit diversen Zwangshandlungen war erschreckend und herrlich zugleich. Auch Nachbar Pavel war der Sonderling aus dem Lehrbuch, während es Reinhard Froboess ausgezeichnet vermochte, den Sinnspruch „Wir wählen unsere Freunde, wir machen unsere Feinde, Gott aber schuf den Nachbarn“ zur fleischgewordenen Wahrheit werden zu lassen. Alles in allem verhalf das Stück damit wohl den meisten Zuschauern zu einem rundum gelungenen Abend, auch wenn sich die Reihen der Zuschauer in der zweiten Hälfte etwas lichteten.
Aladin und die Wunderlampe
Am Mittwoch den 20.11.2019 begrüßte der Kulturkreis Clemenswerth die Grundschulen der Umgebung zu einem Klassiker der Märchen „Aladin und die Wunderlampe“. Die Landesbühne Rheinland- Pfalz wurde den Erwartungen mehr als gerecht und lies keinerlei Wünsche offen, ein farbenprächtiges Bühnenbild, authentische Darsteller und der gekonnte Einsatz von Ton und Beleuchtung machten das Stück zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Anwesenden.
Der Basar ist bunt. So vielfältig wie die Angebote sind auch die Menschen, die man dort trifft. Zum einen ist da Aladin, der arme Sohn eines Schneiders, welcher kein Geld hat um sich seine Wünsche zu erfüllen und die Auslagen nur von Ferne betrachten kann. Dann ist da noch Jasmin, die Tochter des Sultans, auch sie kann nicht wirklich am Geschehen teilnehmen, denn sie hat sich aus dem Palast geschlichen und darf nicht erkannt werden. Als die Wachen sie doch entlarven, hilft Aladin der jungen Frau zu entkommen und beide verlieben sich ineinander.
Um Jasmin näher zu kommen, braucht der junge Schneider Geld und anstatt sich das auf redliche Weise mit den Händen zu verdienen, lässt er sich auf das Angebot des Schurken Jafar
und bricht mit diesem zur sagenhaften Wunderhöhle auf um die dort befindlichen Schätze zu bergen.
Bald jedoch begreift er, dass Jafar ihm nichts Gutes will und verweigert die Herausgabe einer alten Lampe, Jafar rächt sich daraufhin und schließt Aladin in der Höhle ein. Die zunächst verzweifelte Situation wird mit der Erweckung des Flaschengeistes aufgelöst. Dieser hilft Aladin auch seine Mutter zufrieden zu stellen und in die Nähe der geliebten Jasmin zu kommen. Als am Ende sogar noch Jafars Pläne, Sultan anstelle des Sultans zu werden, durchkreuzt werden können, schenkt Aladin dem Geist die Freiheit. Er hat gelernt, dass es besser ist, auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, anstatt sich auf Magie zu verlassen.
Gleich zu Beginn besticht das Bühnenbild mit Opulenz und Pracht, dabei kann die orientalische Kulisse mit wenigen Handgriffen vom Basar zum Palast, von der Wunderhöhle zum Hof der Schneiderei umgewandelt werden. Durch den gekonnten Einsatz von Licht wird die Szenerie mal beängstigender, mal lebhafter gestaltet, sodass das Spiel der Darsteller gut unterstützt wird. Allerdings muss man auch hier zur Auswahl gratulieren, selbst Jasmins (Meera Varghese) Haarlänge stimmt genau mit dem Bild, welches man sich beim Lesen des Märchens macht, überein. Aladin (Marvin George) ist flink und gewitzt und der Dachinn (Christian Steinborn) charismatisch und mitreißend. Das in Verbindung mit den perfekt inszenierten Liedern, die live gesungen und getanzt werden, machen das Stück zu einem herrlichen Erlebnis für alle Generationen. Das Publikum zollte dem auch gebührenden Respekt, mitfiebernd wurde den Darstellern so mancher Rat zugerufen, gespanntes Schweigen wechselte mit fröhlichem Klatschen und auf der Hochzeit von Aladin und Jasmin tanzte die ganze Aula des Hümmling- Gymnasiums mit. Eine sehr gelungene Veranstaltung ging viel zu schnell zu Ende!
Text: Felicitas Ehrhardt