Erna de Vries berichtet an Oberschule Sögel

1. Juni 2019

Passend zum „Tag der Toleranz“ am 10. Mai hatte die didaktische Leiterin der Oberschule Sögel und Leiterin der AG „Schule ohne Rassismus“, Marion Geers, die Ausschwitz-Überlebende Erna de Vries in die Schule am Schloss eingeladen, damit diese den Schülern der Jahrgänge 8 – 10 ihre bewegende Lebensgeschichte schildern konnte. Seit mehr als 20 Jahren hat Erna de Vries es sich zur Aufgabe gemacht, den Auftrag ihrer Mutter, den sie bei ihrer letzten Begegnung im Konzentrationslager von ihr erhalten hatte, zu erfüllen: “Du wirst überleben und allen erzählen, was sie mit uns gemacht haben“. Als ihre Mutter nach Ausschwitz deportiert werden sollte, hatte sich die damals 18Jährige Erna de Vries entschlossen, freiwillig mitzukommen, um bei ihr bleiben zu können. Diese schilderte nun den aufmerksam lauschenden Schülern den langen Transport nach Ausschwitz, die Ankunft, die entwürdigenden Arbeits-, und Lebensbedingungen und sprach über ihre Ängste, die sie dabei gehabt hätte. Ihre Mutter und sie seien in ein Arbeitslager geschickt worden. Als Erna erkrankt sei,  habe man sie in den Todesblock geschickt, um sie am nächsten Tag zu vergasen. Sie hätte nur den  einen Wunsch gehabt, „noch einmal die Sonne zu sehen“.  Als sie die ersten Strahlen erblickte, sei ihre Nummer aufgerufen und ihr gesagt worden, sie hätte Glück. Als Halbjüdin würde man sie zum Arbeiten in das  KZ Ravensbrück bringen. Erna de Vries berichtete weiter von dem anschließenden Todesmarsch und der plötzlich gewonnenen Freiheit. „Ich stand da auf der Straße, hatte die Gräuel der KZs überlebt und war plötzlich frei. Wir waren gerettet“. Mit diesen Worten schloss sie ihren Vortrag. Danach herrschte minutenlanges Schweigen  in der Aula, bis der erste Schüler sich traute, eine Frage zu stellen:“ Haben Sie heute noch einen Hass auf die Deutschen?“ Erna de Vries antwortete, sie hätte nie Hass empfunden, und das hätte ihr geholfen, alles zu verarbeiten. „Ich habe auch in der schweren Zeit viele gute Menschen an meiner Seite gehabt, die mir geholfen und sich selbst dabei in Gefahr gebracht haben“, sagte Erna de Vries. Eine weitere Frage lautete:“Was empfinden Sie, wenn Sie heute das Wort KZ hören?“. Damit verbinde sie Hunger, Kälte, schwere Arbeit, Ungeziefer, Tote, Schreien, Brüllen und Schlagen“, antwortete sie. Sehr bewegt waren die Schüler auch von der sehr engen  Beziehung, die Erna de Vries zu ihrer Mutter gehabt hatte.

Zum Schluss bedankten sich Schulleiterin Maria Lau und Organisatorin Geers bei Erna de Vries mit einem Blumenstrauß und einer Geldspende für ein soziales Projekt. „Sie haben unseren Schülern einen tiefen Einblick in Ihr grauenvolles Schicksal und das der Juden gegeben. Ihre authentischen Berichte als überlebende Zeitzeugin sind sehr wertvoll für die Jugendlichen“, sagte Lau und bedankte sich auch bei der ehemaligen Lehrerin Angela Eilermann für die  Herstellung des Kontaktes zu Erna de Vries.

Gisela Arling

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