Myanmar – Buddhas, Pagoden und schmerzende Füße – Teil 1
1. August 2018Wer Myanmar (früher Burma) in den 80er Jahren besucht hat wie der Unterzeichner, hat es als verschlafenes, ursprüngliches Land in Erinnerung, das so wirkte, als seien die Engländer gerade erst abgezogen. Selbst in Rangoon (heute Yangon) dominierten auf den Straßen neben Rikschas Ochsenkarren und uralte Autos. Heute präsentiert sich Myanmar als ein Land, das zumindest mit einem Bein in der Moderne des 21. Jahrhunderts steht. In Yangon überbordender Verkehr recht neuer Autos, Hochhäuser und Luxusgeschäfte. War vor 40 Jahren das Traditionshotel Strand eine heruntergekommene Bruchbude, obwohl es zu den besten von Rangoon gehörte, so hat man heute eine Auswahl von echten Luxushotels. Geblieben sind Rikschas, lebendige Straßenmärkte und natürlich Pagoden über Pagoden.
Die größte und bekannteste bildet die angeblich über einem Haar Buddhas errichtete gewaltige Shwedagon Pagode. Führte früher neben Treppen ein klappriger Aufzug mit Scherengitter zu ihrer Plattform, so betritt man heute einen Turm mit mehreren neuen Aufzügen. Oben entfaltet sie ihren jahrhundertealten Charme und Trubel. Das Zentrum bildet ein Bauwerk in Form einer riesigen vergoldeten Glocke mit einer edelsteinbesetzten Spitze. Um sie herum gruppieren sich Dutzende von Tempeln, Altären und andere Andachtsstätten. Gläubige beten, spenden Blumen und Lebensmittel, entzünden Räucherkerzen, stellen selbst geschaffene Minialtäre auf oder waschen Buddhastatuen. Alles erhöht das eigene Karma, also das Schicksal für eine bessere Wiedergeburt.
Der Unterzeichner gibt es nach einiger Zeit auf, die Buddhastatuen zu zählen. Die meisten schimmern golden von Blattgold, Farben oder poliertem Metall. Ihre Heiligenscheine flackern als bunte Neonstrahlen um die Köpfe. Mit Einbruch der Nacht stellen sich mehr und mehr Beter ein. Sie entzünden so viele Kerzen, dass sich um einige der Tempel ein leuchtender Kranz bildet. Die riesige Goldkuppel hebt sich wunderbar vom schwarzen Nachthimmel ab. Eine märchenhafte Atmosphäre legt sich über alles und schafft eine traumhafte Welt.
Die Shwedagon Pagode gehört zu den drei wichtigsten Heiligtümern der Burmesen. Ein Stück südlich von Yangon liegt das nächste: der Goldene Felsen. Auf dem Weg dorthin passiert man in tropischer Landschaft eine unglaubliche Zahl an Buddhastatuen und Pagoden. Viele der Statuen überragen Bäume und Häuser. Vorbei an einem Soldatenfriedhof, der an den 2. Weltkrieg erinnert, ragen gleich vier halb vergoldete Buddhas mit weißer Haut und roten Lippen Rücken an Rücken auf und blicken in die vier Himmelsrichtungen. In Bago ist die Shwemawdaw Pagode des Volks der Mon ein Muss. Sie wurde offenkundig mit ihrer gewaltigen Goldkuppel der Shwedagon nachempfunden. Endlich erreicht man den Goldenen Felsen. Er würde jeden Moment in den Abgrund stürzen, wenn er nicht von einem Haar Buddhas gehalten würde.
Nach so viel religiöser Mystik entspannt man sich bei Weltlichem und bummelt über quirlige Märkte mit Einheimischen in Trachten, genießt das Grün der Reisfelder und lässt sich auf einer Kautschukplantage Produktionsmethoden zeigen, die sich seit hundert Jahren nicht geändert haben. Dabei genießt man, dass man mit Schuhen gehen darf. In den Pagoden und auf dem Weg dorthin sind Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Für zivilisationsgewohnte Füße wird das langsam zur Tortur.
Die nächste Pagode ist unvermeidlich. Die Kyaik-Thanian überblickt von einem Hügel eine malerische Flusslandschaft. In der Stadt Mawlamyine entdeckt man eine unerwartete Abwechslung. Eine Baptistenkirche ist wegen Bauarbeiten zwar geschlossen, dafür kann man ganz nahebei die katholische Kirche (Kathedrale?) besuchen, in der Papst Franziskus im November 2017 eine Messe gefeiert hat. Aber Buddha bleibt dominant. In der Landschaft liegt er 180 m ausgestreckt, daneben wird eine noch längere Figur gebaut. Zu ihnen führt eine Prozession rot gewandeter Mönchsfiguren aus Stein. In der Umgebung der Stadt Hpa-An ist die Kawgoon Höhle von Hunderten, wenn nicht Tausenden Buddhas bevölkert. Die Kyauk-Ka-Lat Pagode thront dagegen auf einer Felsnadel. Sie wird natürlich von weiteren Tempeln umgeben. Eine Abwechslung bietet ein Spaziergang durch ein ursprüngliches Dorf. Man fragt sich, wie die ärmliche Bevölkerung sich diese Dichte meist vergoldeter Pagoden und Buddhas leisten kann. Denn es werden ständig neue gebaut. Offenkundig zu Recht nannte sich das Land früher Goldenes Burma.
Fortsetzung im nächsten Heft.
Text/Bild: UM