Europatag und 10-jähriges Jubiläum des Forums Sögel

24. Juni 2018

Sögel – Uralgebirge, Uralfluss, Kaspisee und Kaukasus, so haben wir einst in der Schule die Grenze Europas gelernt. Aber Europa ist mehr als nur die Landmasse westlich dieser Linie. Nach Aussage des ersten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland Theodor Heuss wurde Europa auf drei Hügeln gegründet: Golgata, Akropolis und Capitol.

Golgata steht für die Werte Toleranz und Menschenliebe des Gekreuzigten sowie für Christentum. Dass diese Werte im Christentum und von Christen oft missachtet und ins Gegenteil verkehrt wurden, weiß jeder. Dennoch bildet das Christentum eine Grundlage und einigendes Band Europas. Es ist der Dünger europäischer Identität und Kultur mit ihren verschiedenen Untergruppen.

Dasselbe gilt für griechische Philosophie und Wissenschaft, für die die Akropolis steht. Ganz besonders hervorzuheben ist die Erfindung der Demokratie in Athen. Sie entsprach zwar nicht unserem heutigen Verständnis von Demokratie, der Samen war aber gelegt, wenn er auch über 2000 Jahre benötigte, um zu keimen.

Das Capitol ist Symbol für römisches Recht, Ingenieurskunst, Landerschließung, Staatsaufbau und -verwaltung, Rechtssicherheit und Frieden für römische Bürger. Die römisch-griechische Klassik hat das gesamte Abendland geprägt. Selbst der Papsttitel „Pontifex Maximus“ (oberster Brückenbauer) ist altrömischen Ursprungs. Die Konsuln trugen ihn als oberste Brückenbauer zu den Göttern.

Natürlich ist europäische Kultur auch aus vielen anderen Richtungen beeinflusst worden, z. B. Arabien, Persien, Indien. Die Grundlagen bleiben jedoch Christentum, Griechenland und Rom.

In dieser Gemengelage entstand die Aufklärung mit ihrem wichtigsten Kind, der Demokratie. Aufklärung wird definiert gemäß I. Kant als der Versuch des Menschen, sich aus seiner selbst verschuldeten Abhängigkeit zu befreien. Ein zentrales Anliegen der Aufklärung besteht darin, dass der Mensch sich nicht von Mythen und unprüfbaren Aussagen lenken lässt, sondern den Mut hat, seinen Verstand zu gebrauchen. Dazu benötigt der Verstand Inhalte in Form von Wissen über die Geschichte und Realität. Er braucht wahre Erkenntnis nicht als endgültige Wahrheit, sondern im Sinne der philosophischen Wahrheitsdefinition von Thomas von Aquin und anderen „adaequatio rei et intellectus“ (Angemessenheit von Sache und Erkenntnis). Durch neue und bessere Erkenntnis kann alte durchaus widerlegt werden. D. h., Aufklärung verlangt auch den nicht zu selbstgewissen, den kritischen, skeptischen und damit mündigen Menschen. Ein solcher Mensch ist in der Regel tolerant gegenüber anderen Meinungen und Menschen. Er stellt den Menschen und Bürger dar, der Demokratie bildet und benötigt.

Hier treffen einander die Grundüberzeugungen der Europäischen Union, und das idealistische Anliegen des Forums Sögel. Es klärt insbesondere in seiner Geschichts- und Zukunftswerkstatt auf über Geschichte, Toleranz und Ursprünge sowie Folgen von Intoleranz, bemüht sich um sachliche Informationen, Menschlichkeit, gute Nachbarschaft zum Nächsten und zu anderen Völkern sowie Kulturen.

Diese Überdeckung von Zielen und nicht zufälliges Zusammenfallen von Terminen ist die wesentliche Rechtfertigung dafür, dass das 10-jährige Jubiläum des Forums Sögel zusammen mit dem Europatag am 3. 6. 18 gemeinsam mit Niederländern als unseren nächsten Nachbarn vor und in der Geschichtswerkstatt Sögel, Sigiltrastr. 10a, nachmittags gefeiert wird. Ferne und nahe Nachbarn sind dazu eingeladen.

Diese Überlegungen und Erläuterungen werden absichtlich nicht in erweiterter Form als Referat an den Beginn der Feier am 3. 6. gestellt, sondern der besseren Lesbarkeit wegen in verkürzter Form hier in den IfS gebracht, um dem Volksfestcharakter der Feier zu entsprechen.

Text/Bild: UM

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