Das Dritte Reich – ein gesetzlicher Unrechtsstaat?

7. Februar 2016

Teil I

Etwas stilistisch unsauber, aber zutreffend kann man sagen, dass im Dritten Reich das Recht schwieg. Hierzu einige Zitate:

„Heute weiß man, daß die Justiz eine unverzichtbare Säule des nationalsozialistischen Herrschaftssystems war und maßgeblich an der Gewaltherrschaft beteiligt war.“ (Tron, Julia,www.geschi.de, S. 1)

„Es läßt sich … deutlich erkennen, welche tragende Rolle die Justiz – und speziell die Sondergerichte – bei der Tötung Tausender Unschuldiger gespielt hat. Die Frage ist jedoch, ob hierbei noch eine Unabhängigkeit der Richter vorhanden war oder ob sie nur Erfüllungsgehilfen des nationalsozialistischen Regimes waren. Gerechte Justiz oder gelenkte Justiz?“ (Tron, ebd., S 2)

„Jede Diktatur sucht den Schein der Legalität. Zwangsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Macht werden deshalb auch von diktatorischen Regimen in Gesetzesform gekleidet. Auch die NS-Diktatur ging diesen Weg, wobei letztlich selbst der Führerbefehl mit der Legitimität eines Gesetzes verklärt wurde. Durch Reichstagsbeschluß vom 26. April 1942 ließ Hitler sich zum obersten Gerichtsherrn ernennen. Schon in seinem Rechenschaftsbericht über die Niederschlagung des angeblichen Röhm-Putsches mit der Ermordung von etwa 100 SA-Führern und politischen Gegnern hatte er vor dem Reichstag gerufen: „In dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr.“ (Ostendorf, Heribert, www.bpb.de, Justiz im Dritten Reich, S. 1)

„Bereits in seiner Regierungserklärung als Reichskanzler hatte Hitler 1933 neue Maßstäbe für die Rechtsprechung angekündigt: „Nicht das Individuum kann der Mittelpunkt der gesetzlichen Sorge sein, sondern das Volk.“  „Was dem Volke diente, wurde aber von Hitler und der NSDAP bestimmt.“ (Ostendorf, ebd., S. 1)

Freislers Rechtsverständnis

„Mein Führer!

Ihnen, meinem Führer, bitte ich melden zu dürfen: Das Amt, das Sie mir verliehen haben, habe ich angetreten und mich inzwischen eingearbeitet.

Mein Dank für die Verantwortung, die Sie mir anvertraut haben, soll darin bestehen, daß ich treu und mit aller Kraft an der Sicherheit des Reiches und der inneren Geschlossenheit des deutschen Volkes durch eigenes Beispiel als Richter und als Führer der Männer des Volksgerichtshofs arbeite, stolz, Ihnen, mein Führer, dem obersten Gerichtsherrn und Richter des deutschen Volkes, für die Rechtsprechung Ihres höchsten politischen Gerichtes verantwortlich zu sein.

Der Volksgerichtshof wird sich stets bemühen, so zu urteilen, wie er glaubt, daß Sie, mein Führer, den Fall selbst beurteilen würden.

Heil mein Führer! In Treue, Ihr politischer Soldat Roland Freisler.“

Dies schrieb Freisler am 15. 10. 1942, wenige Wochen nach seiner Ernennung zum Präsidenten des Volksgerichtshofs.“ (Ostendorf, ebd., S. 4)

„… Die Gestapo griff immer zu, wenn Freisprüche oder Entlassungen aus der Untersuchungs- beziehungsweise Strafhaft nicht gefielen. Juden wurden regelmäßig nach der Entlassung aus der Haft der Gestapo übergeben, was als Vermerk in den Gerichtsakten festgehalten wurde. So konnte es geschehen, daß Strafverteidiger – scheinbar paradox – auf hohe Freiheitsstrafen durch die Justiz drängten, um so den Mandanten vor der Gestapo, das heißt dem Konzentrationslager oder der sofortigen Hinrichtung zu bewahren.“ (Ostendorf, ebd., S. 5)

„Die Gefährlichkeit des Unrechtsstaats liegt ja nicht so sehr darin, daß er Richter frontal veranlaßt, das Recht zu brechen (obwohl dies im Dritten Reich oft genug geschah, d. Verf.), sondern darin, daß er Unrecht in Gesetzesform gießt und darauf setzt, daß Richter nicht mehr nach dem Recht fragen, wenn sie ein Gesetz zur Hand haben. Mit dem Ermächtigungsgesetz und mit Notverordnungen wurde die Weimarer Republik legalistisch zerstört; der Weg zum Terror war mit Gesetzen gepflastert.“ (Hirsch, Günter, – seinerzeit Präsident des BGH – www.bundesgerichtshof.de/DE/BGH/Praesidenten/Hirsch/Hirsch Reden/rede 290, S. 1)

„Aber auch „ordentliche“ Gerichte bis hin zum Reichsgerichtshof machten Konzessionen an das Regime – z. T. wohl in dem Wunsch, Schlimmeres zu verhüten. Am Ende wurde die moralische Distanz zwischen dem, was das Reichsgericht verhüten wollte, und dem, was es dafür in Kauf nahm, immer geringer.“ (Hirsch, ebd., S. 1)

„… Die wohl wichtigsten Schritte (vom NS-Regime, d. Verf.) sind die Aufhebung des Rückwirkungsverbots 1933, die Aufhebung des Analogieverbots 1935 und schließlich die endgültige Wendung vom Schuld- zum Täterstrafrecht nach Kriegsausbruch.“ (Hirsch, ebd., S. 2)

Text/Bild: UM

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