Die Geschichtswerkstatt und aufklärerisches Gedankengut

8. Juli 2015

In einer kleinen Artikelserie wurde  die Aufklärung erläutert.  Die klassische Definition Kants für Aufklärung als Ausgang des Menschen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit wird nochmals in Erinnerung gerufen. Kant forderte auf, die Vernunft zu gebrauchen.

Sinnvollerweise kann die Vernunft aber nur gebraucht werden, wenn sie Inhalte hat. Diese Inhalte kann man dann bewerten, in Beziehung zu anderen setzen, erweitern oder ablehnen, kurz: man kann mit ihnen realitätsbezogen denken und so die Vernunft gebrauchen. Dadurch wird es möglich, dass jeder sich eine eigene fundierte Meinung über die Realität bilden  und über sich selbst bestimmen kann. Realschulen und Realgymnasien sollen dies leisten. Die Aufklärung und ihre „Kinder” sollen dazu dienen „… die Bereitschaft, mit den Sinnen wahrnehmend Wissen von der Welt zu erwerben, um anschließend mit diesem Vermögen das eigene Dasein zu verstehen und die Fähigkeit zu erlangen, fundierte Entscheidungen für den Lebensweg zu treffen, ohne dafür auf Instruktionen oder Erlaubnis von oben zu warten.“ (Fischer, Ernst Peter, Die Verzauberung der Welt, München, 2014, Zitat unter Bezug auf Heinrich von Kleist)

Wir müssen die Fesseln des Unwissens abstreifen, um eigene Meinungen, Haltungen und Verhalten zu erwerben, um selbstbestimmt zu leben, ohne andere in ihren Freiheiten einzuschränken. (Bei der letzten Aussage schimmert Kant wieder durch.) Einige der Fesseln, die uns binden, entstammen unserer Vergangenheit sowie unserer gemeinsamen Geschichte, hier ist besonders die jüngere Geschichte gemeint. Wir müssen wissen, wie es zur Menschenverachtung  im Dritten Reich, zum Zweiten Weltkrieg und zum Dritten Reich selbst kam, damit wir damit umgehen und es besser machen können. Mit „Umgehen” ist nicht gemeint, wir sollten uns schuldig fühlen. Denn die meisten der Täter des Dritten Reichs leben nicht mehr. Aber wenn wir wissen, wie diese zu Tätern wurden, können wir uns selbst und unser Gemeinwesen vor Täterschaft schützen. Wenn wir die Vergangenheit kennen, können wir die Gegenwart besser verstehen und haben die  Chance, die Zukunft aufgeklärt und menschlich zu gestalten. – Genau das ist ein Hauptziel der Geschichts- und Zukunftswerkstatt Sögel. In ihr werden neben anderem die Vorgeschichte und Geistesgeschichte, die zum Dritten Reich führten, versucht darzustellen anhand lokaler und deutschlandweiter historischer Realitäten, damit der Besucher daraus seine Schlüsse ziehen, also seine Vernunft gebrauchen kann. Mit dem Wissen über die Vergangenheit lässt sich die soziale und politische Realität besser untersuchen, so dass die Wahrscheinlichkeit einer selbstverschuldeten Unmündigkeit und Hörigkeit gegenüber Autoritäten geringer wird.

Text/Foto: UM

 

 

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