Wandergesellen in Börger zu Gast

22. November 2014

Börger – In Börger weitlen im Spätsommer, eine Gruppe Handwerksgesellinnen und Gesellen vom Freien Begegnungsschacht „FBS“ zu ihrem Sommer-Herbst-Kongress. Geworben und eingeladen hatte man die Gruppe, um ein kulturelles Projekt verwirklichen zu können. Denn bei den Jahreskongressen der Gruppe wird zwei Wochen unentgeltlich, gegen Unterkunft und Verpflegung, bei einem Kultur- oder Sozialprojekt geholfen.

In diesem Jahr kam der Heimatverein Börger durch Zufall und mit Hilfe der SG-Verwaltung und Bgm. Günter Wigbers und der Gemeinde Börger, in den Genuss dieser Leistungen. Untergebracht hatte der Heimatverein Börger die Gruppe in der ehemaligen Jugendherberge. Insgesamt 31 Handwerker waren angereist, um der Gesellschaft, ein wenig zurückzugeben, was der Schacht (die Wandergemeinschaft) das Jahr über von der Gesellschaft bei Übernachtungen, Reisen und Verpflegung zur Verfügung gestellt bekommt. Der FBS errichtete das Ständerwerk und den Dachstuhl des neuen Mehrzweckgebäudes auf dem Heimathof in Börger. Dieses Gebäude, die so genannte Zehntscheune soll einmal die heimatkundliche Sammlung des Verein, Arbeits- und Archivräume und einen Gruppenraum als außerschulischen Lernort, Toilettenanlagen und Begrüßungsraum aufnehmen.

Neben den Arbeiten an der Zehntscheune fertigte die Gruppe auch Bänke aus Eichenstämmen und eine Sitzbankschaukel für den Außenbereich der Anlage. Der Kunstschnitzer Simon schuf eine Wandergesellenfigur aus einem Eichenstamm und die Schmiedegesellen fertigten für die Jugendbildungsstätte Clemenswerth einen „Wunschbaum“, eine Sammeldose für Spenden und für das Gebäude Maueranker und zwei Firstfenster.

Seit nunmehr 28 Jahren besteht der Freie Begegnungsschaft, kurz FBS. Es ist ein Zusammenschluss von Handwerksgesellinnen und Gesellen mit abgeschlossener Gesellenausbildung in einem traditionellen Handwerksberuf. Für die Reisenden des FBS gilt die traditionelle Reisedauer von drei Jahren und einem Tag, die Bannmeile von 50 Kilometer um den Heimatort, sowie das Tragen der Kluft. Diese besteht aus der Staude, einem weißen Hemd mit Stehkragen, Hose, Weste und Jackett mit Perlmuttknöpfen in den Farben des jeweiligen Gewerks, Zylinder, Melone oder Schlapphut, schwarze Schuhe und die graue Ehrbarkeit, ein gehäkeltes Band, welches an der Staude befestigt wird und als äußeres Zeichen zur Zugehörigkeit des FBS getragen wird.

Wanderschaft im FBS ist nicht nur ein rituelles Verlassen des Heimatortes und gleichzeitig der Abschied von Familie und allen Gewohnheiten, sondern auch die ständige Auseinandersetzung mit der Welt und dem eigenen Selbst. Mit Offenheit und Toleranz dem eigenen Handwerk auf der Spur; auf der Suche nach unbekannten Techniken reisen die Gesellen des FBS mit dem Bewusstsein, das traditionelle Handwerk zu achten und zu erhalten.

Anlässlich des dreiwöchigen Sommer-Herbst-Kongresses 2014 in Börger referierte der ehemalige Wandergeselle Daniel Lorenzen aus Joldelund Nordfriesland, im Börger Jugendheim. Der heutige Bäckermeister mit eigenem Betrieb berichtete von seiner Zeit als Wander-geselle und seinen gesammelten Lebenserfahrungen. Gespannt hörte man seinen Ausführungen zu.

So erzählte er den jüngeren Kollegen vom FBS und angehenden FBSlern sowie den Gästen vom Hümmling, dass zwei Ereignisse ihn sehr bewegt hätten. Zum einen sei es das Verlassen der Heimat, der Eltern und Freunde gewesen, wo auch Tränen flossen, und zum andern das Zurückkommen und der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben zu Hause nach einer Erlebniswelt, die seines Gleichen sucht. Er habe bei seiner Arbeit als „Fremder Wandergeselle“ sehr viel Zuspruch aus der Bevölkerung erfahren, aber auch Ablehnung. Man merkte, dass er nach seinen Wanderjahren, die schon ein paar Jahre her sind noch sehr an „seinem FBS“ hängt und sein gesammeltes Wissen für die junge Generation wertvoll ist. Er konnte es phantastisch vermitteln.

Text/Foto: Hermann Ubbenjans, HV Börger

 

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