Der Europäische Geschichtsweg: Zweifache Neuordnung Europas

21. Dezember 2013

Das Ende des 2. Weltkriegs am 8./9. Mai 1945 bedeutete auch die Teilung Europas in zwei einander feindliche Blöcke. Schon während der Konferenz von Jalta im Februar 1945 hatten Stalin, Roosevelt und Churchill sich im Geiste Jahrhunderte alter rücksichtsloser Machtpolitik auf die Teilung Europas geeinigt. Die baltischen Staaten verschwanden von der Landkarte, Polen wurde nach Westen verschoben, Deutschland geteilt. Im Jahr 1949 setzte sich der mit Britisch Indien begonnene Entkolonialisierungsprozess fort, indem Indonesien die Unabhängigkeit von den Niederlanden erhielt. Neben Europa wurde auch die ganze Erde in den kommenden 20 Jahren politisch neu gestaltet. Der Plan des französischen Außenministers Schumann entsprang seiner Idee, dauerhafter Frieden in Europa könne sich nur durchsetzen, wenn die deutsch-französische Feindschaft beendet werde. Er gab zusammen mit Monnet 1950 den Anstoß, die Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zu schaffen. Sie war die Keimzelle der Europäischen Union mit den Gründungsmitgliedern Frankreich, Italien, BRD und Benelux-Staaten. Der begonnene Wiederaufbau Europas wurde in den Niederlanden 1953 durch eine gewaltige Sturmflut mit immensen Schäden gestört. Langfristig entstand aber für die Niederlande Positives infolge des Deltaplans. Seine Durchführung erhöhte den Hochwasserschutz des Landes. Die Bundesrepublik Deutschland wurde mit Adenauers Politik in den Westen, seine Bündnisse und seinen Wohlstand integriert, entfernte sich dadurch aber mehr und mehr vom Osten Deutschlands und Europas. Diese Trennung versuchte in den 1970er Jahren Brandt mit seiner Ostpolitik zu verringern. Dadurch legte er auf Basis der Sicherheit der Westintegration einen der Grundsteine zur Überwindung des Ost-/Westgegensatzes. Der 1978 gewählte polnische Papst Johannes Paul II. verringerte zunächst im Westen kaum bemerkt den Abstand zwischen Ost und West infolge seines Einflusses in Polen und auf die dortigen Demokratiebestrebungen. In Polen entstand 1980 die freie Gewerkschaft Solidarnosc. Sie steht in der langen Tradition Polens, Widerstand gegen Unterdrückung zu leisten. Der Ostblock erodierte zunehmend. Für die Freiheitsbestrebungen in Polen gab es Rückschläge, sie führten aber letztendlich in Polen 1989 zur Vereinbarung am sogen. Runden Tisch, Demokratie zu wagen. Die Auflösung des Ostblocks und der Zerfall der Sowjetunion folgten kurz darauf. Die Bevölkerung der DDR leistete friedlichen Widerstand. Er wurde weder von den sowjetischen Truppen, noch von Polizei oder Armee der DDR niedergeschlagen und lässt sich als erfolgreiche deutsche Revolution bezeichnen. Der Fall der Berliner Mauer 1989 und die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 beendeten die Spaltung Europas. – Wer diesen Prozess ab etwa 1980 bewusst miterlebt hat, konnte erfahren, was der englische Begriff „history in the making“ (sinngemäß: Geschichte während ihrer Erschaffung) meint.

Text/Bild: Uwe Müller

    

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