Anmerkungen eines emsländischen Neubürgers

1. März 2013

Die Schwaben meinen oft, Sparsamkeit sei ein schwäbisches Alleinstellungsmerkmal, wie das in holperigem, modischem  Neudeutsch heißt. Da kennen Sie aber die Emsländer schlecht. Wenn man woanders verstohlen auf die Werbung mit Sonderangeboten schielt, so kommt man hier offen mit der gedruckten Reklame ins Geschäft und fragt, wo die Ware sich befinde. An der Fleischtheke erkundigt man sich ganz unverhohlen nach Sonderangeboten.

Wenn ich an der Fleischtheke etwas bestelle, weist mich die Verkäuferin mit leicht tadelndem Unterton auf Sonderangebote hin. Gelegentlich habe ich den Eindruck, dass die Dame denkt: „Wenn der mein Mann wäre, dem würde ich das Sparen schon beibringen.“  – Liebe Verkäuferinnen, ich habe mich schon gebessert. Wenn ich früher mit rheinischer Leichtigkeit einkaufte, ohne auf den Preis zu achten, wie das übrigens mehr Männer als Frauen tun, dann  krieche ich heute fast wie Sherlock Holmes auf den Knien mit der Lupe in der Hand vor den Regalen einher, um den 100g Preis zu erkunden. Ich kaufe tatsächlich meistens die preisgünstigere Ware, sofern sie mir gut erscheint.

Sobald ich mal wieder in die Region rheinischer Ausgabefreudigkeit fahre und dort Besorgungen tätige, meint man vermutlich, ich sei völlig verarmt und nage am Hungertuch. Sollen sie es glauben! Ich persönlich fühle mich wohl in meiner Anpassung an emsländische  Sparsamkeit. Sie erinnert mich immer wieder an eine der Lebensweisheiten, die mein Großvater mir mitgab, als ich ein junger Bursche war. Auf die Frage, wie man zu Wohlstand komme, antwortete er: „Du musst immer etwas weniger ausgeben, als du einnimmst.“ Mein Großvater stammte aus dem Norden. Ob das vielleicht das Emsland war? –  In diesem Sinne: Moin.

Text/Foto: Uwe Müller

Meine liebste Krawatte

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