Herbsthimmel am Abend. Wenn es jetzt früh dämmert, nehme ich mir ab und zu die Zeit, der Dämmerung zuzusehen. Fünf Minuten nur für mich, wenn der Himmel leuchtet wie ein Opal und die Dunkelheit sich noch nicht endgültig entscheiden kann, aufs Land zu fallen. Die Gedanken kreisen. Manches ist noch unerledigt geblieben, einige schwere Dinge liegen vor mir.

Mein Blick fällt auf die Wolken am Himmel. Ruhig treiben sie dahin, angeleuchtet von den letzten Strahlen der Sonne. Schwerelos wirken sie auf ihrem Weg ohne Ziel, federleicht. Ich frage mich: Wie schwer ist eigentlich so eine Wolke? Ein bisschen mehr als nichts – so wirkt es ja – oder doch mehrere Tonnen? Ich habe mich schlau gemacht: Nehmen wir eine typische Schönwetterwolke, nicht zu groß und nicht zu klein. Sie hat ein Gewicht von etwa 5000 bis 10 000 Kilogramm. Eine Last also von fünf bis zehn Tonnen, die da mühelos am Himmel schwebt.

Jesus sagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Mühselig und beladen sein, ein Gefühl, das alle kennen. Denn früher oder später stößt jeder an den hässlichen Querbalken, der das Leben zum Kreuz macht. Ein Unglück mitten ins Leben hinein. Ein geliebter Mensch stirbt. Der Berufsweg wird durchkreuzt. Beziehungen zerbrechen.

Das Kreuz ist eine Realität in jedem Leben, und wir Menschen haben keine Wahl: Entweder wir tragen unser Kreuz, oder es wird uns mit seiner Last erdrücken. Mit ein wenig Fantasie betrachtet, sieht das Kreuz aus wie eine Antenne. Und mit dieser Antenne empfangen wir eine wichtige Nachricht von Gott: „In deinen Ängsten und Nöten bin ich bei dir. Du bist in Ordnung für mich – so wie du gerade bist.“ Die Last im Leben, sie bleibt bestehen. Aber sie wird mit Gott erträglich, für uns tragbar. Im besten Fall sogar leicht. Ich wünsche uns ein Leben, das dann trotz manch großer Last so leicht wirkt wie eine dieser Abendwolken am Herbsthimmel.

Matthias Voß, Pastor der  ev. luth. Markusgemeinde Sögel.