Verklärung und erhabene Raumsprache im Emsland

1. Januar 2011

Kann der menschliche Geist unter dem Einfluß eines Gebäudes zur Verklärung aufsteigen? Er kann! Wer das bezweifelt, besuche die Kirchen eines Oscar Niemeyer, den Petersdom, die Alexander Newski Kathedrale in Sofia, den Dom zu Aachen oder eine gotische Kathedrale. Man fühlt sich klein und zugleich erhoben zu einer Macht, die in ihrer Unerklärlichkeit Geborgenheit vermittelt. Wer eine Kirche betritt, wird von ihrem Raum angesprochen.

Dieser rätselhaften Wirkung von Stein, Glas, Farbe und Form versuchte das Forum Sögel nachzugehen mit seiner Ehrung des Dombaumeisters Johann Bernhard Hensen (geb. 5. 9. 1828, gest. 16. 1. 1870) unter dem Motto „Architektur prägt den Geist“. Eine Hensen gewidmete Ausstellung im Sögeler Rathaus wurde am 7. 5. 2010 eröffnet. (Wir berichteten darüber.) Die Erinnerung an den Sohn Sögels wurde am Sonntag, dem 16. 5. 2010, fortgesetzt. Neben zahlreichen Sögeler Bürgern erschienen dankenswerterweise Repräsentanten vieler Gemeinden, in denen Hensen Kirchen errichtet hat.

In der Kirche Sögels, die zweifellos ein erhebender Höhepunkt des hensenschen Schaffens ist, zeigte eine kleine Videoschau Ereignisse  in und um dieses Gotteshaus. Daran schloß sich ein nachdenklicher und analytischer  Vortrag von Pfarrer Bernhard Horstmann unter der Thematik „Architektur in Spannung zu Geschichte und Gegenwart“ an. Er ging auf den mühsamen Weg der Vergegenwärtigung der Sprache des Raums ein. Dieser Vortrag über den Kirchenraum als geistigen Raum, der Halt und Geborgenheit gegenüber den Wirrnissen draußen mit einer einladenden Raumsprache gibt, dieser Vortrag ebnete den genannten mühsamen Weg für den Zuhörer. – Auf gleichem hohem sowie ansprechendem Niveau wie der Vortrag bewegte  sich die optische Anmutung von Andreas  Schüring. Er hatte mit einer beeindruckenden Lichtbildersequenz Details der Sögeler Kirche zusammengestellt, die in eine Luftschau des Gebäudes mündete. Diese Bilder des und im Gotteshaus stimmten andächtig. Sie wurden intensiviert und  gingen besonders zu Herzen durch das begleitende Orgelspiel von Werner Schüler. Zuletzt stimmte die Gemeinde zum Thema passend das Lied an „Ein Haus voller Glorie schauet weit über alle Lande“ mit dem Endvers „Dich, Gott, wir preisen dich. Oh laß im Hause dein uns all geborgen sein“.

Nachdem der Forumsvorsitzende Bernd Schulte sich bei allen bedankt hatte, lud er in die Geschichts- und Zukunftswerkstatt sowie die Ausstellung im Rathaus ein. Bei Kaffee und Gebäck referierte Bernd Schulte in der Werkstatt über Johann Bernhard Hensen und sein Lebensumfeld anhand der Exponate, während der Heimatforscher Heinz Schmees im Rathaus die dortige Ausstellung fachkundig und lebendig erläuterte.

Den Abschluß bildete ein gemütliches Beisammensein bei einem Imbiß im Heimathaus. Man ließ den Nachmittag Revue passieren, drückte seine Zufriedenheit aus und hatte auch genügend Zeit zum Proaten und Einander-näher-Kommen. Nach dem Weg über Erhabenheit fand man zum  Miteinander, was nicht die schlechteste Form einer auf menschliches Maß zurückgeführten Erhabenheit ist.

Nach der Verklärung, die man beim Betreten der Gotteshäuser Hensens empfindet, wenn man nur bereit ist, seine Seele zu öffnen, bildete die gesamte Ehrung Hensens und seines Werkes einen geistigen, sozialen, menschlichen und heimatverbundenen Höhepunkt. Wenn Architektur den Geist prägt und die vielfältigen Ehrungen Hensens am 7. und 16. 5. 2010 auf sein Werk verweisen, dann haben die Bemühungen des Forum Sögel und der vielen Helfer ihren Zweck erfüllt.

Text: Uwe Müller

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