Drei weitere Stolpersteine zum Gedenken an die Familien Frank und de Haas in Sögel verlegt

21. August 2025

Für drei weitere durch Nazis ermordete jüdische Menschen aus Sögel wurden jetzt an der Amtsstrasse 10 in Sögel Stolpersteine verlegt. Zu Beginn der von Schülern der Sögeler Oberschule – Schule am Schloss- mitgestalteten Gedenkfeier begrüßte Samtgemeindebürgermeister Frank Klaas alle Anwesenden, besonders die Angehörigen der Familien De Haas, Grünberg und Feder sowie die Gäste aus Norg. Auch aus Papenburg war eine Schulklasse der Michaelschule anwesend, die im Rahmen eines Geschichtsprojektes auch den neuen Gedenk- und Lernort für die ermordeten Sögeler Juden auf ihrem Programm hatten.

Nach dem einleitenden Musikstück, mit Geigen vorgetragen von drei Schülerinnen, trat ein Schüler der Oberschule Sögel ans Mikrofon und verlas die Namen der verschleppten und ermordeten Sögeler Jüdinnen: Ida Frank, geb. Frank, Frieda Frank, geb. Weinberg und Helene de Haas, geborene Frank. Von der bewegenden Geschichte der Familie Frank berichtete eine Schülerin der Schule am Schloss: „Wir stehen heute an dem Ort – jetzt Amtsstraße 10 – damals Haus Nr. 60 – wo sich bis zum Zeitpunkt der Deportation das Zuhause von Ida Frank, Berthold Frank, Frieda Frank, geb. Weinberg, Helene de Haas, geb. Frank und Arthur de Haas befand. Die Familie Frank führte als selbstständiges Unternehmen ein Putz- und Hutmachergeschäft.“ Nur Berthold Frank sei die Flucht in die USA gelungen, informierte sie weiter, da das Geld dafür nur für eine Person gereicht habe. Seine Frau Frieda habe er wegen der versperrten Fluchtwege nicht mehr nachholen können. Diese sei dann gemeinsam mit Ida Frank mit der zweiten Deportation 1942 verschleppt und nach mehreren grausamen Zwischenstationen, verbunden mit unendlichen Leiden, ermordet worden; Ida Frank in Treblinka und Frieda Frank in Auschwitz.

Mit bewegter Stimme repräsentierte Anika Grenz, geb. de Haas, das Schicksal ihrer Großeltern Arthur und Helene de Haas, geborene Frank. „Meine Familie hat einen besonderen Bezug zu den heute verlegten Stolpersteinen der Familie Frank“ sagte sie und berichtete, dass ihr Opa und seine Frau Helene 1941 nach Riga verschleppt wurden und dort ihre Wege sich getrennt hätten. Man sei davon ausgegangen, dass Helene dort ums Leben gekommen war. Arthur de Haas habe die Shoa überlebt und sei nach Sögel zurückgekommen. „Aus dem Lebenslauf meines Opas können wir rekonstruieren, dass er mehrere Konzentrations- und Arbeitslager durchlaufen musste, wie Buchenwald, Arbeitslager Rastdorf, Riga und nochmals Buchenwald, bevor er aus dem KZ Theresienstadt von den Alliierten befreit wurde. Sein direkter Weg führte meinen Opa zurück nach Sögel in die Amtsstraße 10“, betonte sie. Um weiter einen Viehhandel betreiben zu können, habe er Anfang 1946 das Haus der jüdischen Familie Jacobs in der Ulmenstraße gekauft, dort auch seine neue Familie gegründet und habe bis zu seinem Tod 1973 dort gelebt. „Übrigens, das Haus von Opa und Oma „Ulmenstraße 17“ war und ist auch immer noch mein Elternhaus“, sagte die Enkelin und schloss ihre Ausführungen mit den berührenden Worten: „Ich bedanke mich im Namen der gesamten Familie de Haas für die verlegten Stolpersteine, die ein sichtbares Zeichen zur Erinnerung an die Familien Frank und de Haas setzen“.

Dass ein bitteres Ende für die einen auch unbewusst eine Lösung für einen neuen Anfang anderer bedeuten kann, zeigte das von einer weiteren Schülerin der Schule am Schloss vorgetragene Statement aus der Sicht der Familie Feder aus Sögel. Darin heißt es, dass die damals fünfköpfige Familie 1946 nach einem beschwerlichen Fluchtweg von Rothenbach in Schlesien nach Sögel gekommen und in einem Zimmer bei der Familie Kuper-Jansen an der Sprakeler Straße untergekommen war. Der Vater Helmut Feder sei damals noch in russischer Kriegsgefangenschaft gewesen. „Opa Gustav hatte in Rothenbach ein gut gehendes Friseurgeschäft besessen“, verlas die Schülerin und weiter, dass sich der katholische Pfarrer Wolters um die damals evangelischen Flüchtlingsfamilien gekümmert und gemeinsam mit der Familie Kuper-Jansen dafür gesorgt hätte, dass die Familie Feder in das leerstehende Haus der deportierten Familie Frank einziehen durfte. Dort habe die Familie für viele Jahre ein Friseurgeschäft geführt. „Es war vielleicht ein Fingerzeig Gottes, dass aus dem bitteren Leid der Familie Frank am Ende noch die Basis für eine gute Wendung des Schicksals für unsere Familie erwachsen konnte. Das Wort Dankbarkeit hat seit der Zeit in unserer Familie immer noch einen besonderen Stellenwert“, hieß es am Schluss in dem Statement aus der Sicht der Familie Feder und ließ eine Schülerin folgenden Gedanken für die Zukunft vortragen: „Am Ende steht auch ein Anfang. Verlust und Hoffnung liegen so nah beieinander“.

Nachdem zwei Mitarbeiter des Bauhofes die Stolpersteine in das Pflaster eingelassen hatten, legten die Schüler zusammen mit ihrem Geschichtslehrer Phillip Außel und Schulleiterin Maria Lau je eine Rose auf die Gedenktafeln und gedachten mit allen Anwesenden in einer Schweigeminute der ermordeten Menschen jüdischen Glaubens.

Die Schüler der Oberschule Sögel hatten sich mit dem Thema Holocaust im Geschichtsunterricht wie auch in Kooperation mit dem Forum Sögel und der Geschichts- und Zukunftswerkstatt auseinandergesetzt.

Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier mit ergreifenden jüdischen Musikstücken. Das Abschlussstück – ein jüdischer Tanz – war ein Zeichen jüdischer Lebensfreude und sollte ein Beispiel dafür sein, sich immer seine Lebensfreude zu bewahren.

Samtgemeindebürgermeister Frank Klaß schloss die Veranstaltung mit den Worten: „Die Verlegung der Stolpersteine ist immer wieder aufs Neue ein aufrüttelndes Signal, dass wir alle verpflichtet sind, uns vor Augen zu führen, wozu Menschen fähig sind. Nie wieder ist jetzt“.

Text: Gisela Arling

Fotos: Gisela Arling, Barft Talens

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