Kamerun – Afrika im Kleinen

1. Juni 2017

Diesen Titel beanspruchen verschiedene afrikanische Staaten. Aufgrund seiner Größe von ca. 475 000 qkm repräsentiert Kamerun außer Wüste tatsächlich die verschiedenen Landschaften, Vegetationen sowie Tiere Afrikas, wobei letztere immer mehr abnehmen. Tropische Küste, Regenwald, Berg- und Bergnebelwälder, Feucht- und Tockensavanne, vulkanische Gebiete, Elefanten, Löwen, Giraffen, Antilopen, Schimpansen, Flachlandgorillas. Allerdings leidet das Land unter permanenter Wilderei, Piraterie und Raubzügen aus Nachbarstaaten.

Die Portugiesen waren die ersten Europäer, die das Land 1472 betraten. Sie gaben dem Fluss Wouri den Namen Rio dos Cameroes nach Garnelen – portugiesisch Cameroes -, die sie dort fanden. Danach kamen verschiedene Europäer ins Land, bis es Ende des 19. Jahrhunderts deutsche Kolonie wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde ein Teil des Landes britisch, ein Teil französisch verwaltet. Beides sind heute noch Amtssprachen. Daneben existieren viele Stammessprachen. Sie entsprechen der kleinräumigen Gliederung bis zur Kolonisierung in Königreiche, Häuptlingstümer und wechselnde Stammesherrschaften.

Wer das Wagnis einer Reise durch Kamerun unternimmt, wird durch abwechslungsreiche Landschaft und ursprüngliche Kulturen mit freundlichen Menschen entschädigt. Im Küstendschungel trifft man auf halbnomadische Pygmäen. Schon von Weitem hört man ihre eigenartigen, aber durchaus melodischen Gesänge. Allerdings ist man froh, dass man nicht zum Essen eingeladen wird, denn es gibt Ratte. Neben Gesängen drücken sich die freundlichen Menschen –  wie fast alle Afrikaner – mit Tänzen aus. In den Savannen des Landesinneren beansprucht anscheinend jeder zweite Häuptling die Königswürde. Einen von Hütten gesäumten „Königshof“ darf der Unterzeichner unter Anleitung eines Zeremonienmeisters nur durch einen den Männern vorbehaltenen Eingang betreten. Dort sitzt der „König“ im Schatten seines Palasthütteneingangs, während der Besucher in der prallen Sonne steht. Nach der Bedeutung zweier in den Boden eingelassener Holzmasken befragt, erfährt man vom „König“, diese Masken hätten sich in einem Museum befunden, dort allerlei Unwesen getrieben, bis sie wieder an ihren Heimatort vor dem „Palast“ zurückgegeben worden seien. Dabei wendet sich seine Hoheit einem so niederen Wesen wie dem Unterzeichner nicht direkt zu, sondern richtet die Antwort an einen Hofbediensteten, der sie dann auf Englisch weitergibt. Ebenso darf der Unterzeichner nur den Hofbediensteten ansprechen. Der reicht die Frage an den „König“ weiter. Dieser spricht im übrigen Englisch sowie Französisch, wie der Unterzeichner an dessen Mimik feststellt bei in beiden Sprachen vorgebrachten Fragen und Antworten. Ein weiterer „König“ thront so erhöht vor seiner Palasthütte, dass man zu ihm aufschauen muss wie früher im Kino auf dem Rasiersitz. Immerhin darf man den „König“ direkt ansprechen und erhält Antworten in bestem Oxfordenglisch. Im nächsten Dorf praktiziert ein Wahrsager mit einem Krabbenorakel. Er steckt kleine Stäbchen in einen mit Erde gefüllten Topf, lässt eine Krabbe darin herumklettern und sagt anhand ihres Weges die Zukunft des Kunden voraus. Da dieser dafür 1000 CFA (ca. 1,50 €) bezahlt, fällt die Zukunft günstig aus.

Bei der Weiterfahrt zu einem Gerichtsplatz wird der Wagen von verwegenen Gestalten gestoppt. Sie kommen ziemlich beduselt von einer Zeremonie, bei der sie offenkundig Waldgeister darstellten. Darauf lässt zumindest ihr von Laub behangenes Äußeres schließen. Nachdem sie Wagen und Wagenfenster frei -gegeben haben,  anscheinend enttäuscht, dass man keine Angstreaktionen gezeigt hat, ist ein Gerichtsplatz schnell erreicht. An einer Seite erhebt sich eine große Zuschauertribüne, von der aus man Gerichtsverhandlung und anschließende Vollstreckung verfolgen kann. Bevorzugt wurden Köpfe, Hände und Füße abgeschlagen. (Es gab wohl keine Frauenbeauftragte, denn die Frauen wurden auf einem wesentlich kleineren Stein als die Männer verstümmelt.) Weiter nördlich im Bereich der heute noch mächtigen Sultane entdeckt man einen weiteren Ort unfreundlicher Behandlung. Im Haus der großen Kriegstrommel, die vor und nach Stammeskriegen dröhnte, wurde die Trommel zur Siegesfeier mit den abgetrennten Armen der Unterlegenen geschlagen. (Wem das alles zu heidnisch brutal erscheint, der sollte mal irgendwo in Europa einen Folterkeller mit seinen Werkzeugen besuchen.) Im islamisch geprägten Norden Kameruns – der Rest ist christlich und animistisch – findet man ansehnliche Sultanspaläste, darf die meisten aber nicht betreten. Der Islam wurde im Norden nicht überall willkommen geheißen. In einem Dorf werden Kriegstänze vorgeführt, die an Siege über die Araber (Moslems) erinnern.

Wer es bis in den halbtrockenen Norden geschafft hat, sucht auch den Wazanationalpark auf in dem schmalen, bis zum Tschadsee reichenden Landstreifen zwischen Nigeria und Zentralafrikanischer Republik. Hier spürt man schon die trocken-heißen Staubwinde der Sahara. Sie prägen den Park mit lichtem verdorrten Wald. Der Tierbestand ist der Dürre oder der Wilderei geschuldet niedrig. Mal eine Giraffe, mal eine Antilope, das war’s.

Es gäbe noch viel zu berichten über Dorffeste, Museen, Märkte, Handwerkskünste, Kirchen und andere Gebäude aus deutscher Kolonialzeit. Dies ist aber erst einmal genug Exotik. – Dafür setzt sich die Exotik im kommenden Artikel fernöstlich fort.

Text/Foto: UM

    

    

    

    

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