Mongolei – der Norden

3. September 2016

Der Norden des Landes bietet zunächst wie das Zentrum einen blauen Himmel, der sich über endloser Steppe wölbt. Bei genauem Hinsehen entdeckt man, dass die Steppe etwas grüner ist. Sie beherbergt wie überall Owos. Das sind Steinhaufen, bei denen sich nach landläufigem Glauben besondere Energien der Erde bündeln. Die Haufen sind mit Wimpeln gekennzeichnet. An ihnen wird alles Mögliche niedergelegt – vom Teepäckchen über Wodkaflaschen bis zum Auspufftopf – zum Dank an die Geister. –  Ein Gräberfeld demonstriert, dass die Vorfahren der Mongolen bereits bis Europa vordrangen. Es birgt skythische Grabstelen, sog. Hirschsteine, aus vorchristlicher Zeit, wie man sie bis in die Ukraine findet.

In einem Camp berichtet eine Heilerin über ihre Erfolge und übersinnlichen Kräfte, von denen sie bis zur Berufung zur Heilerin selbst nichts gewusst habe. Sehr zum Erstaunen des skeptischen und „von des Gedankens Blässe angekränkelten“  Mitteleuropäers wirkt diese Frau, die fließend Deutsch spricht aus ihrer Zeit im sozialistischen Bruderstaat DDR, durchaus seriös. In einem anderen Camp wird eine weitere einheimische Besonderheit vorgetragen: der faszinierende und fremdartige Kehlkopfgesang der Männer zur zweisaitigen Pferdekopfgeige  sowie der Tanz anmutiger Mongolinnen.

Höhepunkte einer jeden Reise durch die Mongolei bilden zweifellos die Naadamfeste. Der Unterzeichner hatte das Glück, zwei erleben zu dürfen. Es handelt sich um Volksfeste, in deren Mittelpunkt drei sportliche Wettkämpfe stehen: Ringen, Bogenschießen und Pferderennen. Zuerst erscheinen Reiter in mongolischer Tracht mit Standarten. Sie werden im Kreis gepflanzt und symbolisieren die Generäle von Dschingis Khan. Seine Standarte bildet erhöht die Mitte. Es folgen pathetische Reden und Gesang. Dann erscheinen die bunt gekleideten Schiedsrichter. Ihnen folgen stämmige Ringer in einer Art Bikini auf dem Rücken. Sie müssen so auftreten, da vor Jahren eine Frau mitkämpfte und alle schlug. Die Regeln sind sehr einfach: kein Treten, kein Schlagen, aber Zerren an der spärlichen Bekleidung. Wer als erster mit etwas anderem als beiden Füßen und einer Hand den Boden berührt, hat verloren. Dann folgt der Adlertanz des Siegers, bei dem das Schwingenschlagen des Adlers nachgeahmt wird, und der Verlierer geht unter dem rechten Arm als Zeichen der Unterwerfung durch. Die Regeln des Bogenschießens sind einfacher. Man muss nur möglichst nahe ans Ziel mit seinem Pfeil kommen. Die Emanzipation ist bis in die mongolische Steppe durchgedrungen; denn es dürfen auch Frauen teilnehmen. Das Pferderennen erstreckt sich über viele Kilometer. Die Reiter sind Kinder und Halbwüchsige. Als der Sprache unkundiger Gast verlässt man sich auf die Zeichen der freundlichen Zuschauer und schaut gespannt in die Richtung, die gezeigt wird. Man erblickt am Horizont eine Wolke. Sie entpuppt sich als ein heraufziehender Staubsturm. Wieder eine Staubwolke. Diesmal die Reiter. Ehe man sich versieht, ist die Kavalkade an einem vorbei gedonnert wie die Kavallerie im amerikanischen Western und hinterlässt den Betrachter staubgepudert.

Weiter im Norden verblüfft ein Landschaftswechsel. Nahe der russisch-sibirischen Grenze erstreckt sich dichter Wald. Er umgibt das größte mongolische Gewässer, den Khövsgöl-See, auch kleiner Baikal genannt. An seinen Ufern weiden gegen Wölfe und Bären gut bewachte Pferde, Yaks und Rentiere.

Die faszinierende Fremdartigkeit setzt sich im nächsten Artikel mit einiger europäischer Einfärbung fort. Der Bericht, liebe Leser, führt Sie in ein Land auf einem anderen Kontinent, das nach einem Seefahrer benannt wurde.

Text/Fotos: UM

    

    

    

  

 

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