Mario van der Ahe aus Klein Berßen in seiner vierten Titelrolle auf der Waldbühne Ahmsen

27. April 2016

Ahmsen/Klein Berßen – Vor einer sehr schweren Aufgabe steht in den nächsten Wochen der 35jährige Mario van der Ahe auf der Waldbühne Ahmsen. Der Ingenieur für Versorgungstechnik hat die Titelrolle in „Die Dornenvögel“ übernommen. Aber der gerade zum zweiten Male Vater gewordene Klein Berßener hat Erfahrung: seit 25 Jahren wirkt er als Laiendarsteller auf der größten und erfolgreichsten Freilichtbühne des Nordens mit; zuletzt häufig in Titel- oder Charakterrollen.

 

Ein Liebhaber ist im Theater keine Charakterrolle. Der Intrigant aber sehr wohl. Oder der Bösewicht. Einst Bernd Sandmann und neuerdings Frank Cordes verkörpern diese Rollen in besonderer Weise auf der Waldbühne Ahmsen. Charaktertollen sind auch „schwierige Figuren“, die oft zwischen Gut und Böse stehen. Im Musical „Die Dornenvögel“ auf der Ahmsener Waldbühne trifft das auf die Titelrolle zu: Pater Ralph de Bricassart wurde einst wegen Ungehorsams von der Kirche nach Australien verbannt. Er ist aber von Ehrgeiz zerfressen, es in der Kirche zu etwas Höherem zu bringen. Später bekommt er durch das Erbe Gelegenheit, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen: Er wird erst Bischof und dann Kardinal. Er ist stets innerlich zerrissen zwischen seiner Liebe zu Meggie und seiner Liebe zu Gott, dem er durch sein Streben in der Kirche dienen will, und er kann sich nie so recht entscheiden. Während eines Inselurlaubs schläft er mit Meggie, die schwanger wird. Dann kehrt er wieder in den Vatikan zurück. Erst als sein Sohn Dane stirbt, erfährt er von seiner Vaterschaft. Diese Rolle übernimmt Mario van der Ahe. Er hat bereits enorme Erfahrungen in Ahmsen sammeln können.1991 begann Mario auf der Bühne bei der „Kleinen Hexe“, damals neun Jahre alt. Sein Vater war von einem Arbeitskollegen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. „Einen kleinen Gnom habe ich gespielt, so sicher bin ich mir allerdings nicht mehr“. Nur an einen „Zauberspruch“, den er aufzusagen hatte, erinnert er sich. 1992 gab es in Ahmsen die „Biene Maja“. Auch seine jüngere Schwester Nina Korbicki war ab da mit von der Partie. Eine „Ameise“ war er. Auch Regisseur Walter Edelmann erinnert sich noch an damals. „Mario hat sich unheimlich schnell in Rollen versetzen können“, meint er. Das verfeinerte der Junge im Laufe der Zeit. „Zahlreiche Prinzen“ habe er gespielt, erinnert sich Mario an die Jugendzeit. Bis 2001 bei „Cinderella“. Danach wechselte er ins ernstere Stück in Ahmsen, zu den religiösen Schauspielen.

Und gleich 2002 bekam er bei „Vincent van Gogh“ die Titelrolle. Manche Bühnenkenner meinen heute noch, dass dieses die beste Inszenierung von Bernd Aalken (Bad Bentheim) gewesen sei. Wie es auch sei. An Mario hielt der Regisseur fest. Er übernahm wichtige Parts, beim Schauspiel „Joseph“ 2005 erneut die Titelrolle. Dann musste er 2007 als „Guter Gesell“ beim „Jedermann“ bei den letzten Terminen nach einem schweren Verkehrsunfall ersetzt werden. Die Spielschar bangte und betete für den treuen Mitspieler. Noch heute muss Mario van der Ahe jeden Tag Schmerztabletten nehmen. Seine Sorgen, seine Schmerzen und sein Leiden, halt seine persönliche Passion, waren noch nicht vorbei, als er 2010 mit spürbaren eigenen Schmerzen Jesus in der „Passion“ darstellte. Er meisterte die Rolle bravourös. Es folgte noch vor zwei Jahren die Hauptrolle bei „Moses“. Man darf nicht zeigen wollen, was man draufhat, sagen berühmte Schauspieler. „Man muss sich halt entscheiden, jemand zu sein“, meint van der Ahe. Er benebelt sich nicht an großen Gefühlen und er schert sich wenig um ausgestellte Gesten. Mit kleinen Bewegungen und Blicken dokumentiert er vieles: seine Launen, seinen Überdruss, seine Hingabe, seine Schuldgefühle und seinen Zorn. Eine Gratwanderung zwischen Stärke und Verletzlichkeit. Das muss Mario van der Ahe in diesem Sommer jetzt bei „Die Dornenvögel“ zeigen. Wie bei der „Päpstin“ vor drei Jahren setzte natürlich auch in diesem Winter die Kritik konservativ gesinnter Kirchenkreise ein. Das Stück sei Ahmsen nicht würdig. Die Bühne habe eine christlich-tendenziöse Tradition. Die Pflicht zum religiösen Schauspiel stehe gar in der Satzung. Aber Mario van der Ahe hat sich mit dem Vorbehalt beschäftigt, die Texte studiert. „Das diesjährige Musical ist durchaus den Anforderungen der Waldbühne Ahmsen mit religiös-tendenziösen Stücken gewachsen“, meint er. „In diesem Sinne bin ich vom Inhalt durchaus angetan“. Genauso wie es bei „van Gogh“ oder der „Päpstin“ auch gewesen sei. „Das Publikum hat jeweils positiv reagiert, und das ist wichtig“. Etwas Neues ist die Darbietung als Musical. „Das Gesangliche verlangt einiges Neues von uns“, meint er. Die Bühne hat dazu extra eine Gesangspädagogin verpflichtet: die Musikschullehrerin Beate Stanko aus Cloppenburg. Übungen fanden seit Mitte Januar im Herzlaker Rathaus statt, dort steht ein Klavier. „Beate Stanko macht das sehr gut; wir kommen gut voran“, meint Mario van der Ahe. Jetzt sind seit drei Wochen die Proben im Freien. Eigentlich hatte Bernd Aalken den Umzug nach draußen schon für Mitte Februar angekündigt. „Je eher draußen, desto besser“, meint Mario van der Ahe. Gut 60 Probenstunden sind in den nächsten acht Wochen zu absolvieren. Dann folgen 13 Aufführungen, die mit Kostüm, Maske, Konzentration und Abschminken jeweils fünf Stunden währen. Dabei fällt ihm in diesem Jahr der Abschied von seiner Frau Kathrin besonders schwer: vor wenigen Tagen ist Mario zum zweiten Mal Vater geworden. Imke hat sich zu Jette gesellt. Ø Nach der Premiere am 28. Mai (19.30 Uhr) folgen die Frauenkundgebungen (31. 5. und 1. 6.) und dann ab 16. Juli jeweils sechs Abend- und Nachmittagsvorstellungen. Einige Sonntags-Termine sind stark nachgefragt, so dass sich Anmeldungen (Tel. 05964/1027; www.waldbuehne-ahmsen.de) empfehlen.

Text: Hermann Gerdes

 

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